Russisches Vermögen wurde gerne im Ausland geparkt, damit Russland im Fall darauf nicht zugreifen kann. Nun stecken die Oligarchen in der Falle – ihre Vermögenswerte wurden vom Westen eingefroren.

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Es waren hektische Tage in den Privatbanken des Westens, als sich die Sanktionen gegen russische Oligarchen abgezeichnet haben. Die Geschwindigkeit, mit der die Sanktionen erlassen wurden, haben selbst eingesessene Banker aufhorchen lassen. "Wie schnell die Vermögen dieses Mal eingefroren waren, hat uns alle überrascht", sagt ein hochrangiger Private Banker zum STANDARD, der namentlich nicht genannt werden will.

Dass Vermögenswerte reicher Russen und Oligarchen weltweit eingefroren werden, sei für die Betroffenen eine harte Maßnahme. Sie diversifizierten ihr Geld im Ausland ja aus dem Grund, weil sie fürchteten, dass ihr Vermögen in Russland im Falle eines Konflikts rasch beschlagnahmt würde. "Die Angst davor war bei vielen Russen groß", sagt der Banker. Daher mache die Diversifikation Sinn, Überweisungen seien heutzutage ja von überall in der Welt in Sekundenschnelle möglich. Bisher zumindest. Wladimir Putins Einmarsch in die Ukraine hat das verändert. Die Lage ist jetzt vollkommen anders.

Hektisches Treiben

Schon als über die Sanktionen gegen Oligarchen nachgedacht wurde, liefen die Telefone bei den Privatbanken heiß. Jeder versuchte zu retten, was zu retten war. Doch das war nicht viel. "Keine Bank wagte es hier, ein Risiko einzugehen", sagt der Banker.

Doch bei schnell erstellten Gesetzen – wie den Verordnungen zu den Sanktionen – gebe es oft auch Grauzonen. Es mag also schon sein, dass die eine oder andere Überweisung oder Umschichtung noch geglückt sei. Der Aufwand sei jedenfalls unglaublich.

Zu bedenken sei in diesem Zusammenhang auch, dass viele Banken Portfolios für Oligarchen managen. Das Geld liegt ja nicht nur auf einem Konto, sondern ist veranlagt. Gebe es für diese Portfolios Ausschüttungen – etwa Tilgungen oder Dividendenzahlungen –, müssten diese weitergegeben werden. Laut den Sanktionen sind Ausschüttungen nicht zugelassen. Diese Zuweisungen könne man aber nicht stoppen, also landen sie auf zugehörigen Konten. Irgendwohin müsse das Geld fließen. "Die Bank kann dieses Geld ja nicht ins eigene Nostro nehmen", sagt der Banker.

Offshore in Asien

Dass sich Asien zu den Sanktionen des Westens bisher wenig und nur zurückhaltend geäußert hat beziehungsweise diesbezüglich nicht selbst aktiv geworden ist, erklärt der Insider damit, dass vor allem in Hongkong und Singapur riesige Offshore-Center entstanden sind, was wohl auch russisches Kapital angezogen hat. Viele Privatbanken mit Rang und Namen hätten dort in den vergangenen Jahren Niederlassungen gegründet. Dieses Geschäft will man sich offenbar nicht verbauen. In Singapur werden viele internationale Finanztransaktionen abgewickelt, das Bankgeheimnis gilt als wasserdicht. Hongkong zeichnet sich durch niedrige Steuern und ein ebenfalls striktes Bankgeheimnis aus.

Das Einfrieren der Vermögen der Reichen erscheine oft als eine Maßnahme, die diesen Menschen nicht wirklich wehtue. Teilweise, so sagt der Banker, sei die Lage für Betroffene nun aber tatsächlich dramatisch. "Es ist unvorstellbar, aber zum Teil sind die Menschen damit wirklich fast mittellos und müssen überlegen", wie sie die Miete zahlen oder das Schulgeld für ihre Kinder aufbringen sollen. (Bettina Pfluger, 23.3.2022)