Der ägyptisch-israelisch-emiratische Dreiergipfel mit Mohammed bin Zayed, Abdelfattah al-Sisi und Naftali Bennett (von links).

Foto: Photo by Egyptian Presidency / AFP / APA

Zutiefst enttäuscht und verstört" hatten sich die USA am Wochenende nach dem Besuch des syrischen Machthabers Bashar al-Assad beim Kronprinzen von Abu Dhabi und De-facto-Herrscher der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), Mohammed bin Zayed, geäußert. Der direkte Nachbar Syriens im Südwesten, Israels Premier Naftali Bennett, flog hingegen am Montag ins ägyptische Sharm al-Sheikh, um dort nicht nur den ägyptischen Präsidenten Abdelfattah al-Sisi, sondern auch Mohammed bin Zayed zu treffen.

Der ägyptisch-israelisch-emiratische Dreiergipfel, der sich bis Dienstag hinzog, kam zwar überraschend, ist jedoch innerhalb der sich im Nahen Osten entwickelnden Dynamik einer israelisch-arabischen Sicherheitszusammenarbeit schlüssig. Bennett besuchte Sisi bereits im September 2021, ebenfalls in Sharm al-Sheikh, und Mohammed bin Zayed im Dezember in Abu Dhabi.

Keine klare Positionierung Israels

Die israelische Tageszeitung "Haaretz" berichtete, dass Bennett ganz im Sinne Washingtons die VAE, neben Saudi-Arabien, davon überzeugen will, ihre Erdölförderung zu forcieren, um die westliche Abhängigkeit von russischen Energiequellen zu lindern. Israel, das als möglicher Vermittler zwischen Russland und der Ukraine im Spiel bleibt, ist zwar der wichtigste Verbündete der USA im Nahen Osten, hat sich im Ukraine-Konflikt aber nicht klar gegen Russland gestellt.

Das hat nicht nur mit innerisraelischen Befindlichkeiten, sondern auch direkt mit Syrien und der dortigen iranischen Präsenz zu tun: Mohammed bin Zayeds Syrien-Politik zielt eben darauf ab, durch eine Normalisierung mit Assad den arabischen Einfluss auf diesen zu verstärken – und den iranischen zu schwächen. Wenn das tatsächlich gelingt, dann wäre das pragmatisch gesehen für Israel, das in Syrien seit Jahren immer wieder die Iraner angreift, um Waffenlieferungen an die libanesische Hisbollah zu verhindern, durchaus von Interesse. Ob der VAE-Plan aufgeht, ist eine andere Frage. An der syrisch-iranischen Allianz haben sich schon vor dem 2011 ausgebrochenen Aufstand in Syrien arabische Politiker die Zähne ausgebissen, etwa der damalige saudische König Abdullah.

Die arabische Normalisierung mit Syrien, dessen Rückkehr in die Arabische Liga sich manche arabische Staaten, darunter Ägypten, vorstellen können, ist jedoch auch ein wichtiges russisches Projekt. Moskau hat in Syrien strategische – nicht wie Teheran auch ideologische – Interessen. Russland will nicht ewig den Protektor für Assad spielen, mit Sicherheit noch weniger angesichts des äußerst verlustreichen Kriegs in der Ukraine.

Atomverhandlungen mit dem Iran

Das Treffen ist darüber hinaus auch im Licht eines noch immer möglichen erfolgreichen Abschlusses der Wiener Atomverhandlungen mit dem Iran zu sehen. Dessen wachsende Bestände von angereichertem Uran, eine Folge des Abbröckelns des Atomdeals von 2015, alarmieren zwar auch Israel, aber Bennett hat sich am Wochenende einmal mehr gegen einen neuen Deal ausgesprochen, den die USA unter Präsident Joe Biden – "koste es, was es wolle" – abschließen wollten.

Israel und die VAE sind sich einig, dass die iranischen Revolutionsgarden (IRGC) nicht von der amerikanischen FTO-Liste (Foreign Terrorist Organisation) entfernt werden dürfen. Das versucht Teheran auf den letzten Metern auszuverhandeln.

Zwar haben die VAE immer wieder darauf gesetzt, mit dem Iran im Gespräch zu bleiben. Aber angesichts der steigenden Zahl von Angriffen der iranisch unterstützten jemenitischen Huthi-Rebellen auf Saudi-Arabien und die VAE hat sich offenbar auch die Position in Abu Dhabi verhärtet. Die "Jerusalem Post" berichtet, dass man dort "schockiert" sei von der Aussicht, dass die USA die IRGC von der FTO-Liste nehmen – noch dazu, wo Biden kurz nach seinem Amtsbeginn auch die Huthis streichen ließ, die von Trump im letzten Moment auf die Liste gesetzt wurden. Auch die Designierung der IRGC als FTO stammt von Trump.

Von Weizenimporten abhängig

Der Gastgeber des Dreiergipfels, Präsident Sisi, hat indes auch ein Problem, das eine direkte Folge des Ukraine-Kriegs ist. Ägypten ist in hohem Maße von Weizenimporten abhängig, die bisher aus der Ukraine und aus Russland kamen. Israel hat laut "Haaretz" Hilfe bei der Suche nach alternativen Quellen zugesagt. Auch der Preisanstieg wird Kairo schmerzen. Aber die Stabilität seiner Verbündeten lassen sich die reichen VAE etwas kosten. Das ägyptische Online-Medium "Mada Masr" meldete, dass Ägypten zwei Milliarden US-Dollar neue Hilfe zu erwarten hat.

Die arabischen Aufstände 2011 waren nicht nur von politischer, sondern auch sozialer und wirtschaftlicher Unzufriedenheit getrieben: Auch damals waren die Lebensmittelpreise stark gestiegen. Im Gegensatz zum altersschwachen Mubarak-Regime hat der Autokrat der neuen Generation, Abdelfattah al-Sisi, Ägypten jedoch mit harter Hand im Griff. (Gudrun Harrer, 22.3.2022)