Im Wiener Austria Center wurden Ukraine-Flüchtlinge schon seit Kriegsbeginn registriert.

foto: heribert corn

Wien – Die zunehmende Zahl von Ukraine-Flüchtlingen, die in Österreich bleiben wollen, stellt nicht nur Polizei und Fremdenbehörden vor Herausforderungen, die die Angekommenen behördlich registrieren müssen. Damit die den russischen Angriffen auf die Ukraine entflohenen Menschen auch offiziell ankommen, wird ihnen eine EU-weit geltende Aufenthaltskarte ausgestellt, umgangssprachlich blaue Karte genannt.

Bis dato dürfte jedoch noch niemand der bis Dienstagabend 20.500 in Österreich registrierten Vertriebenen diese blaue Karte in Händen haben. Denn die Österreichische Staatsdruckerei (OeSD), die vom Innenministerium den Auftrag erhalten hat, das Dokument zu produzieren, organisiert noch um, damit eine "zügige Produktion" möglich wird.

"Der bis vor kurzem noch unbekannte Bedarf an zusätzlichen Aufenthaltstiteln macht Umstellungen im besonders geschützten Hochsicherheitsbereichbereich notwendig", heißt es in einer schriftlichen Antwort der Staatsdruckerei auf Fragen des STANDARD.

Analog und digital geschützt

Tatsächlich ist die blaue Karte nicht einfach ein Stück Karton oder Plastik, sondern laut Staatsdruckerei ein "modernes Hochsicherheitsdokument", das durch mehrere analoge Sicherheitsmerkmale geschützt wird: "Mikroschrift, ein Kinegram, UV-Merkmale, Optically Variable Ink sowie mit dem Finger fühlbaren Erhebungen", wird in der schriftlichen Antwort aufgezählt.

Zusätzlich seien in dem Aufenthaltstitel "wie auch beim österreichischen Reisepass und Personalausweis" die biometrischen Daten von Kartenbesitzerin oder -besitzer auf einem Chip gespeichert. Das schütze die blaue Karte auch auf einem digitalen Level vor Manipulationen.

"Außergewöhnliche" Situation

Die Staatsdruckerei arbeite mit Innenministerium und Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl "intensiv zusammen, um rasch und unbürokratisch zu helfen", heißt es in der Antwort. Die aktuelle Situation sei "außergewöhnlich".

Auf die Frage, wie lange die Ukraine-Vertriebenen auf ihre Karten werden warten müssen, gibt es in der Stellungnahme keine konkrete Antwort. Laut einem Sprecher des Innenministeriums soll es "mehrere Tage" dauern. Nach dem Überprüfen der vorgelegten ukrainische Dokumente mittels Passlesegerät auf ihre Echtheit und dem Abnehmen der Fingerabdrücke in einer polizeilichen Erfassungsstelle würden die gesammelten Daten der Staatsdruckerei übermittelt. Die fertigen Karten würden an die Meldeadressen der Ukraine-Flüchtlinge in Österreich verschickt.

Überbrückungslösungen

Den Vertriebenen selbst macht das Warten auf die blauen Karten Probleme. Vom Arbeitsmarktservice (AMS) und dem Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF) angebotene Deutschkurse etwa dürfen sie erst nach ihrer Anmeldung beim AMS als arbeitssuchend besuchen.

In anderen Lebensbereichen wurden laut Innenministerium Überbrückungslösungen gefunden, bis die Karten bei ihren Besitzern einlangen. Anspruch auf Grundversorgung und Krankenversicherung etwa hätten Ukraine-Flüchtlinge auch ohne dieses Dokument. Ebenso ist das Anmelden der Kinder in Schulen ohne blaue Karte möglich.

Und man sei auch in Sachen AMS-Anmeldung und Jobzugang auf der Suche nach einem vorübergehenden Ausweg. "Zwischen dem Arbeits- und dem Innenministerium wird aktuell an einer unbürokratischen Lösung gearbeitet, die Menschen auch vor dem Erhalt der blauen Karte das Arbeiten ermöglichen soll", heißt es aus dem Innenministerium. (Irene Brickner, 23.3.2022)