Die bisherigen Corona-Varianten sind alle dem Wildtyp aus Wuhan ähnlich. Wie und ob das Virus in Zukunft weitermutieren wird, ist nur sehr schwer vorherzusagen.

FotoGetty Images/iStockphoto: peterschreiber.media

So viele Menschen wie noch nie seit Pandemiebeginn infizierten sich zuletzt mit dem Coronavirus. Nicht nur in Österreich, auch in anderen Ländern wurden in den letzten Wochen Höchstwerte gemeldet. Ein großer Teil davon erkrankt trotz vollständiger, also dreifacher, Impfung. Der Grund: Mutationen. Seit Beginn der Pandemie vor mehr als zwei Jahren hat sich der Corona-Wildtyp aus Wuhan mehrfach verändert. Die derzeit vorherrschende Omikron-Variante umgeht das Immunsystem so gut, dass die zurzeit zugelassenen Impfstoffe zwar vor schweren Verläufen schützen, aber eben nicht mehr so gut vor einer Ansteckung, wie es etwa noch bei Delta der Fall war.

Beliebig viele Varianten

Eine Erklärung dafür ist, dass Sars-CoV-2 anders mutiert als die meisten anderen Viren. Molekular-Immunologe Andreas Bergthaler von der Med-Uni Wien beschreibt das so: "Bei anderen Viren gibt es meist klassische Stammbäume. Es entsteht immer wieder eine kleine Knospe, und daraus wird dann ein dickerer Ast." Jede Mutation bildet sich also aus der vorherigen Variante. "Bei Sars-CoV-2 verlief das bisher anders: Das Virus begann wieder ganz unten irgendwo bei der Wurzel zu sprießen und nicht oben am Stamm." Darum unterscheiden sich alle Varianten so stark voneinander und sind dem Ursprungsvirus aus Wuhan ähnlicher als frühere Varianten.

Einzige Ausnahme: Omikron. Hier haben sich zwei Subtypen gebildet – BA.1 und BA.2. Der Pharmakologe Markus Zeitlinger von der Med-Uni Wien weiß: "Bis jetzt hatten wir relativ viel Glück mit den Mutationen, weil diese der Ursprungsvariante sehr ähnelten und somit auch die Impfungen gut schützen konnten. Die zwei Omikron-Varianten sind zwar miteinander verwandt, aber dennoch relativ unterschiedlich."

Die Unterschiede sorgen dafür, dass wir nach einer Infektion mit BA.1 nicht vollständig vor einer Infektion mit BA.2 geschützt sind. Und: BA.2 ist weiter von der Ursprungsvariante entfernt als alle anderen Mutationen zuvor. Das ist mit ein Grund, warum die Impfungen weniger vor Infektionen schützen können. Dennoch: Auch wenn Geimpfte nicht gut vor einer Ansteckung geschützt sind, reduziert sich das Risiko einer Infektion mit Omikron rein statistisch gesehen: "Wenn sich in einer Gruppe von Ungeimpften in einer bestimmten Zeit zehn Menschen infizieren, wird sich bei einer gleich großen Gruppe von Geimpften nur etwa die Hälfte anstecken", erklärt Zeitlinger. Und der Schutz vor schweren Verläufen ist bisher auch noch sehr gut.

Blick in die Zukunft

Viele fragen sich jetzt, wie es mit den Mutationen weitergehen könnte. Auch die Wissenschaft kann das nicht mit Gewissheit sagen. Molekularbiologe Ulrich Elling (Imba) weiß, warum es so schwierig ist, das Coronavirus richtig einzuschätzen: "Es sind bis jetzt Varianten entstanden, bei denen niemand glaubte, dass es sie geben kann. Im Nachhinein war jedoch allen klar, dass genau diese Mutation entstehen musste. Bei Delta etwa waren alle überrascht, und damals dachte man, die nächste Variante würde aus Delta hervorkommen. Dann war Omikron plötzlich da und hatte viel mehr neue Mutationen auf einmal, als wir uns vorstellen konnten."

Auch der Immunologe Bergthaler weiß nicht, wie die Corona-Zukunft aussehen wird: "Obwohl wir mittlerweile über zehn Millionen Coronavirengenome zur Verfügung haben, verstehen wir immer noch relativ schlecht, wie neue Varianten zustande kommen. Es kann sein, dass wir es im Sommer und Herbst weiterhin mit einer Omikron-Variante zu tun haben. Es kann aber auch sein, dass eine völlig neue Variante entsteht."

Wohin die Reise geht, bleibt also unklar. Dennoch lernt unser Immunsystem weiter dazu: "Mit jedem immunologischen Ereignis, sei es Infektion oder Impfung, wird unsere Grundimmunität weiter aufgebaut", sagt Bergthaler. "Das Virus wird sich verändern, aber wir werden immer besser mit Infektionen umgehen und seltener schwere Verläufe haben." (Jasmin Altrock, 24.3.2022)