In den Nachrichten über den Ukraine-Krieg ist immer mehr von Söldnern die Rede. Auf beiden Seiten sind nun auch ausländische Kombattanten im Einsatz. Idealisten und Freiheitskämpfer? Abenteurer und Desperados? Bezahlte Killer? Wohl von allem ein bisschen. Dieser Umstand macht den ursprünglich regionalen Konflikt internationaler und blutiger und wirft auch einige moralische Fragen auf.

Die Russen haben vor einiger Zeit ein Ausbildungszentrum für ausländische Freiwillige bombardiert, die den Ukrainern zu Hilfe gekommen waren, und viele von ihnen getötet. Lauter unerfahrene junge Burschen, berichtete ein Überlebender, ein pensionierter deutscher Berufssoldat, im ORF: "Die haben alle keine Chance." Die russische Propaganda wertet den Zustrom von Freiwilligen aus aller Welt zu den ukrainischen Streitkräften als Einmischung "des Westens" und nimmt diese gezielt ins Visier.

Der Überfall Russlands auf die Ukraine und der heroische Widerstand der Ukrainer haben das Zeug zu einem Freiheitskrieg, der in ganz Europa leidenschaftliche Reaktionen hervorruft.
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Umgekehrt beschäftigt auch die russische Seite Söldner. Die berüchtigte "Gruppe Wagner" wird genannt und auch tschetschenische Spezialeinheiten, die "Kadyrowzy", die direkt dem für seine Grausamkeit bekannten tschetschenischen Präsidenten Ramsan Kadyrow unterstehen. Laut vielen Beobachtern ist der russische Präsident Wladimir Putin bestrebt, die Zahl der gefallenen Russen möglichst niedrig zu halten, um die heimische Bevölkerung nicht zu sehr gegen den Krieg aufzubringen. "Nach einem toten Söldner fragt niemand", meinte der ORF-Reporter Christian Wehrschütz lakonisch.

Freiheitskrieg

Dass Ausländer sich an lokalen Kriegen beteiligen, war und ist nicht ungewöhnlich. Im Spanischen Bürgerkrieg strömten Antifaschisten aus ganz Europa und den USA zu den Internationalen Brigaden, um gegen die Faschisten unter General Franco zu kämpfen. Der britische Schriftsteller George Orwell war einer von ihnen, ebenso wie der von Egon Erwin Kisch unsterblich gemachte Tiroler Bauer, der seine Kühe verkauft hatte, um die Fahrt nach Spanien zu bezahlen.

Auch das "Bataillon 12. Februar", so benannt im Gedenken an den Bürgerkrieg 1934, kam aus Österreich. Aber auch die deutschen Nationalsozialisten beteiligten sich mit der Fliegertruppe "Legion Condor" am Krieg in Spanien. Polnische Einheiten kämpften im Zweiten Weltkrieg an der Seite der Alliierten. Und die französische Fremdenlegion ist bis heute ein wesentlicher Teil der französischen Streitkräfte, vor allem für den Einsatz in Afrika.

Der Überfall Russlands auf die Ukraine und der heroische Widerstand der Ukrainer haben das Zeug zu einem Freiheitskrieg, der in ganz Europa leidenschaftliche Reaktionen hervorruft. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wird als Held gefeiert, manche werfen ihm aber auch vor, er "spiele den Helden" auf Kosten der leidenden Bevölkerung.

Ehrenvoll untergehen, wenn es sein muss, oder ehrlos überleben? Die Mehrheit der Ukrainer scheint sich für die erste Möglichkeit entschieden zu haben. Die "Zeitenwende", wie der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz sagt, lässt jedenfalls niemanden kalt. Kämpfen oder klein beigeben gegen das System Putin – das ist auch für nichtukrainische Europäer zur Gewissensfrage geworden. (Barbara Coudenhove-Kalergi, 23.3.2022)