Ein Stoppschild für Problemkunden gab’s in Mattersburg nicht.

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Mattersburg – Sicherheiten für marode Kreditkunden, die er aus seiner eigenen Tasche bezahlt haben will. Kunden, denen keine andere Bank mehr unter die Arme gegriffen hätte. Ein Kreditausschuss im Aufsichtsrat, der nicht getagt hat und dessen Mitglieder Protokolle oft erst nach Kreditzuzählung unterschrieben haben: Die Liste der Besonderheiten in der Commerzialbank Mattersburg wird gleichsam mit jeder neuen Einvernahme der Ex-Bankchefs länger.

Der Aufsichtsrat der 2020 in sich zusammengebrochenen Bank spielt in den Befragungen der Ermittler immer wieder eine zentrale Rolle; nicht zuletzt hatte dort auch der ein oder andere (marode) Kunde Sitz und Stimme. Das Kontrollgremium dürfte aber weder vollständig informiert noch sehr interessiert gewesen sein, das erschließt sich aus einer der Einvernahmen von Ex-Bankchef Martin Pucher.

Dass die Wirtschaftsdaten der größten Problemkunden dank Puchers Bargeldzuwendungen aufgebessert waren, das wussten die Aufsichtsratsmitglieder laut Pucher nicht. Wie schlecht es diesen Kreditnehmern (trotz Bargeldzuwendungen) ging, darüber will er einigen Aufsichtsratsmitgliedern aber sehr wohl reinen Wein eingeschenkt haben. Bei den Vorbesprechungen zu den Sitzungen sei es um die "schwierigsten Fälle" des Instituts gegangen, und er habe allen Teilnehmern dieser Treffen "unverblümt über die schlechte wirtschaftliche Lage der genannten Kreditnehmer (...) berichtet".

Kaum Kontrolle

Der Gesamtaufsichtsrat habe diese Details nicht gekannt – wobei er, Pucher, in der Aufsichtsratssitzung das eine oder andere Mal schon erwähnt habe, "dass die genannten Kreditnehmer nirgendwo anders einen Kredit bekommen würden".

Kritische Fragen hätten aber nur zwei der Mitglieder des Kontrollgremiums gestellt. So selten sei das vorgekommen, dass er sich an jede einzelne erinnern könne, sagte der gesundheitlich schwer angeschlagene Ex-Banker aus. Und: Insgesamt habe es in seiner rund 40-jährigen Geschäftsführerzeit "in etwa 40 bis 50 kritische Fragen" gegeben, gab Pucher zu Protokoll. Er hat ja Malversationen gestanden, ebenso seine Vorstandskollegin K. Für beide gilt die Unschuldsvermutung. (Renate Graber, 24.3.2023)