Einer von 82 belasteten Namen: Der k. u. k. Generalstabschef Hötzendorf war für viele ein Kriegstreiber.

Foto: Walter Müller

Jahrzehntelang wurde über belastete Straßennamen in Graz debattiert: Sollte man Straßen, die etwa nach NS-Unterstützern oder Kriegstreibern benannt sind, umbenennen oder nur mit Zusatztafeln kommentieren? Am Donnerstag wird der Grazer Gemeinderat nun Änderungen problematischer Straßennamen beschließen.

Auch eine von der Stadt eingesetzte Kommission mit 14 Historikerinnen und Historikern, die 1.630 Grazer Straßen und Plätze überprüfte, legte 2018 ihr Ergebnis vor: 82 Namen seien kritisch zu bewerten, 20 sogar höchst bedenklich.

Doch in der schwarz-blauen Koalition des Ex-Bürgermeisters Siegfried Nagl tat sich wenig. Vor allem die FPÖ war ein Bremsklotz beim Umbenennen. Zusatztafeln waren ein Kompromiss, mit dem aber viele unzufrieden waren. Der damalige FPÖ-Klubchef Armin Sippel hielt es sogar für "anmaßend, Personen der Vergangenheit aus heutiger Sicht zu beurteilen".

Widerstandskämpfer statt Nazis

Während etwa in Wien schon 1993 die Ottokar-Kernstock-Straße in Jägerstätterstraße unbenannt wurde und damit nicht mehr den deutschnationalen Dichter und Verfasser des Hakenkreuzliedes, sondern den Widerstandskämpfer Franz Jägerstätter würdigte und auch im steirischen Mürzzuschlag bereits 2016 die Kernstockgasse zur Haasgasse – nach den NS-Opfern Karoline und Franz Haas – umbenannt wurde, gibt es in Graz immer noch eine Kernstockgasse.

Aber nicht mehr lange. Mit den Stimmen der Stadtkoalition aus KPÖ und Grünen sowie der SPÖ kommt man am Donnerstag in die Gänge. Nachdem die Grünen lange darum gekämpft haben, bringt die Grünen-Gemeinderätin Manuela Wutte einen dringlichen Antrag ein, wonach man einen "schrittweisen, behutsamen Umbenennungsprozess" für schwerbelastete Straßennamen beginnt. Die Ersten auf der Liste werden die Kernstockgasse und die Max-Mell-Allee (nach dem Anhänger des Austrofaschismus und Befürworter der NS-Bücherverbrennungen Mell benannt) sein. Die Allee könnte künftig den Namen der Grazer Ärztin Oktavia Aigner-Rollett tragen. Den Anrainerinnen und Anrainern sollen dabei keine Kosten entstehen.

Viele Adressen

Die nach dem Generalstabschef der k. u. k. Armee Conrad von Hötzendorf benannte Straße wird aufgrund zu vieler betroffener Adressen hingegen noch länger keinen neuen Namen bekommen.

Auch auf die ÖVP hofft Wutte. Im Antrag wird Kulturstadtrat Günter Riegler ersucht, mit Gedenkkulturinitiativen wie Clio und dem Verein für Gedenkkultur bis Juni "ein Konzept für ein Bildungs- und Kulturangebot" für jene Straßen, deren Namen am schwersten belastet sind, vorzulegen. (Colette M. Schmidt, 24.3.2022)