Regierung und Sozialpartner verhandelten am Mittwoch über die Teuerung und ihre Folgen im Kanzleramt.

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Es ist nur eine Zahl, doch beginnt sie die österreichische Wirtschaftspolitik immer stärker zu prägen. Bei 5,9 Prozent lag die Inflation im Februar. Als Folge des Krieges in der Ukraine gibt es keine echten Anzeichen dafür, dass die Teuerungsrate in den kommenden Wochen von selbst zurückgehen könnte.

Angesichts dieser Tatsachen rücken Arbeitgeber und Arbeitnehmer in Österreich enger zusammen und versuchen so gemeinsam Druck auf die Regierung auszuüben. Die Strategie dahinter ist simpel: Bei den kommenden Lohnverhandlungen wächst durch die hohe Inflationsrate der Druck auf Gewerkschaft und Unternehmer, ordentliche Abschlüsse mit nach Hause zu nehmen. Zugleich geht das Gespenst einer Lohn-Preis-Spirale um, bei der hohe Lohnabschlüsse wegen der hohen Teuerung dazu führen, dass Unternehmen ihre Preise hochsetzen müssen. Weshalb dann wieder die Löhne steigen müssen – und so weiter.

Um diese Konstellation zu entschärfen, haben Sozialpartner und Industriellenvereinigung beim Teuerungsgipfel mit der Regierung am Mittwoch einen Forderungskatalog übergeben. Das Besondere dabei sind nicht die einzelnen Punkte – die wurden schon alle von der einen oder der anderen Seite gefordert. Nun aber sind es gemeinsame Positionen.

Billiger Sprit

· So wollen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ein deutlich umfassenderes Paket gegen die hohen Energiekosten. Konkret gewünscht wird eine Senkung der Mineralölsteuer auf den nach EU-Regeln zulässigen Mindestsatz. Die Mineralölsteuer beträgt in Österreich je Liter Diesel 39,7 Cent und bei Benzin 48,2 Cent. In der EU liegt der Mindestsatz bei 35,9 Cent für Benzin und bei 33 Cent für Diesel. Das wäre also gerade bei Diesel eine starke Verbilligung von 15 Cent je Liter. Alle Autofahrer würden profitieren, auch Unternehmer.

· Die nächste zentrale Forderung ist eine Entlastung der energieintensiven Industriebetriebe bei den Kosten. Von der bis 30. Juni 2023 befristeten Senkung der Energieabgaben um 90 Prozent, wie sie die türkis-grüne Koalition verkündet hat, profitieren so gut wie alle Unternehmen in Österreich, nicht aber Produktionsbetriebe, die hohe Prozessenergie benötigen. Das sind besonders Eisen-, Stahl- und Chemieindustrie, Maschinenbau, Metallverarbeitung. Sie sind im Wege der Energieabgabenrückvergütung großteils befreit von Energieabgaben. Wie genau hier die Entlastung aussehen kann, muss aus wettbewerbsrechtlichen Gründen noch auf EU-Ebene diskutiert werden.

· Einig sind sich Sozialpartner auch über 500 Euro Teuerungsausgleich, der allen Ausgleichszulagenbeziehern zugutekommen soll. Damit gemeint sind Menschen, die eine Mindestpension beziehen, aber auch Bezieher der Mindestsicherung. Die Ausgleichszulage liegt aktuell bei 1030,49 Euro im Monat.

Neuerliche Verschiebung

· Ebenso beachtlich ist, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer erneut eine Verschiebung der Anpassungen bei Richtwertmieten verlangen. Der Richtwert betrifft vor allem Altbauwohnungen, die vor 1945 erbaut wurden. Hier gibt es staatliche Mietobergrenzen. Eine Inflationsanpassung, die 2021 hätte erfolgen sollen, wurde wegen der Pandemie verschoben. Davon profitierten auch Kategoriemieten, die vor 1994 abgeschlossene Mietverträge betreffen. Darunter fallen auch Wohnungen in Gemeindebauten.

Die im vergangenen Jahr ausgesetzte Erhöhung sollte am 1. April nachgeholt werden. Diese wollen die Sozialpartner um ein weiteres Jahr verschoben sehen. Dafür soll sich im kommenden Jahr auch der Staat an den Kosten beteiligen, um so den Effekt aus einer nachgeholten Erhöhung abzufedern.

· Weniger überraschend ist, dass die Sozialpartner eine Verlängerung der Kurzarbeit über Juni hinaus verlangen. Die aktuellen Regelungen laufen stufenweise aus. Ein Kurzarbeitsmodell, das besonders generös ist, endet Ende März. Die Corona-Kurzarbeit selbst läuft dann mit Juni aus, hier müssen Unternehmen schon einen Selbstbehalt zahlen. Dieses System soll in neuer Form bis Ende des Jahres in Verlängerung gehen.

· Die Sozialpartner wollen zudem eine Reform bei der steuerlichen Behandlung des Kilometergeldes, das Arbeitnehmer vom Arbeitgeber bekommen. Sprich: eine steuerliche Vergünstigung. Auch bei ausbezahlten Prämien an Arbeitnehmer soll es eine solche Entlastung geben. Auch soll die Pendlerpauschale umgestaltet werden, von einem Freibetrag zu einem Absetzbetrag. Damit wäre die Bevorzugung von Besserverdienern beendet.

Ob die Regierung einigen der Forderungen nachkommt, wird sich freilich nun erst zeigen. Bei den Sozialpartnern werden die Kosten für Vorschläge auf 1,5 bis maximal etwas unter zwei Milliarden Euro taxiert. (András Szigetvari, Luise Ungerboeck, 24.3.2022)