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Auf dem Laster in Burhan in der ostukrainischen Region Donezk ist das markante "Z" zu sehen.

Foto: REUTERS/ALEXANDER ERMOCHENKO

Vier Wochen nach Beginn der russischen Invasion in die Ukraine sind mehr als zehn Millionen Menschen in der früheren Sowjetrepublik auf der Flucht. Obwohl die Kämpfe vielerorts andauern, ist es den russischen Streitkräften nach wie vor nicht gelungen, eine der größeren Städte unter ihre Kontrolle zu bringen. Stattdessen kommen die Truppen von Russlands Präsident Wladimir Putin in den Ballungsgebieten nicht voran, es mangelt mitunter an Nachschub für die "Z-Invasion", deren Fahrzeuge mit dem Buchstaben Z gekennzeichnet sind – und die ukrainischen Streitkräfte leisten erbitterten Widerstand. Dramatisch ist nach wie vor die Lage in der eingekesselten südostukrainischen Hafenstadt Mariupol, in der die Kämpfe auch am Mittwoch unvermindert weitergingen.

Russische Streitkräfte bombardierten zudem Teile der ukrainischen Hauptstadt Kiew. Eine russische Investigativ-Journalistin starb bei einem Luftangriff, ein weiterer Zivilist wurde ebenfalls getötet. Über "humanitäre Korridore" konnten am Mittwoch rund 4.500 Menschen in Sicherheit gebracht werden. Deutlich weniger Zivilisten als noch am Dienstag.

USA: Russische Kriegsverbrechen

Indes trafen westliche Führer wie US-Präsident Joe Biden und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron in Brüssel ein, um weitere Strafmaßnahmen zu planen. Washington wirft den russischen Truppen in der Ukraine inzwischen offiziell Kriegsverbrechen vor. Die US-Regierung will am Donnerstag neue Sanktionen verkünden, die den russischen Präsidenten Wladimir Putin unter Druck setzen sollen.

Die Staats- und Regierungschefs der Nato-Staaten werden sich am Donnerstag in Brüssel außerdem einigen, die Streitkräfte an der Ostflanke des Bündnisses zu stärken, wie Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg wissen ließ. Wladimir Putin sagte indes, Moskau plane seine Gasverkäufe an "unfreundliche" Länder auf Rubel umzustellen – als Reaktion auf die bisherigen Sanktionen. Der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) warf Russland daraufhin einen Vertragsbruch vor und kündigte EU-Beratungen darüber an.

Die Europäische Union kündigte noch am Mittwochabend weitere 500 Millionen Euro für Hilfe für das ukrainische Militär an. Damit sollen militärische Ausrüstung aber auch Treibstoff und Verbandskästen finanziert werden.

Putin verliert Sonderbeauftragten Tschubais

Auch in Moskau rumort es – wenn auch leise: Mit Anatoli Tschubais ist am Mittwoch die bisher ranghöchste Persönlichkeit in Russland seit Beginn der Invasion von ihrem Amt zurückgetreten. Der 66-Jährige verabschiedete sich von seiner Funktion als Sonderbeauftragter von Putin für Beziehungen zu internationalen Organisationen, wie sein Sprecher bestätigte. Laut der Tageszeitung "RBK" will er mit seiner Frau das Land verlassen und in die Türkei reisen.

Tschubais, der stets dem liberalen Lager zugerechnet wurde, hatte das Amt im Dezember 2020 übernommen. In den 1990er-Jahren hatte er unter Präsident Boris Jelzin als Vizeregierungschef und Leiter der Präsidialverwaltung die Privatisierung der Wirtschaft mit vorangetrieben. Später leitete er jahrelang wichtige Unternehmen. Tschubais galt als einer der am meisten profilierten Liberalen im Umfeld der Regierung. Sein Rücktritt wird im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine gesehen. Von staatlicher Seite und auch von Tschubais’ Sprecher gab es dazu vorerst keinen Kommentar.

Diplomaten ausgewiesen

Zurück in die Heimat müssen hingegen 45 russische Diplomaten, die Polen ausweist. Ihnen wird Spionage vorgeworfen, erklärte Innenminister Mariusz Kaminski. Die polnische Regierung handle entschlossen, um "das Netz russischer Dienste in unserem Land" zu beseitigen, sagte er. Das mit Russland verbündete Belarus forderte kurz darauf die Ukraine auf, ihre diplomatische Präsenz zu reduzieren. Mehrere Diplomaten müssten Belarus binnen 72 Stunden verlassen, erklärt das Außenministerium in Minsk.

In der Ukraine selbst berichtete der heimische Generalstab, dass die Stellungen trotz fortdauernder russischer Luftangriffe gehalten werden könnten. So soll unter anderem in der Stadt Charkiw eine russische Offensive abgewehrt worden sein. In den Städten Makariw und Wosnessensk soll es gar gelungen sein, die Angreifer zurückzudrängen. Dafür gab es zu der Stadt Isjum keine Verbindung mehr. Das russische Militär hingegen meldete die Zerstörung eines ukrainischen Waffen- und Ausrüstungslagers nahe der Stadt Riwne im Nordwesten des Landes. Berichte von der Kriegsfront lassen sich derzeit nicht unabhängig überprüfen.

Der ukrainische Präsidentenberater Mychajlo Podoljak forderte am Mittwoch via Twitter "vier Schritte" im Kampf gegen Russland: eine moderne Flugabwehr, Marschflugkörper, ein hartes Embargo für russisches Öl sowie die Schließung von Häfen für russische Schiffe.

Zuerst Tokio, dann Paris

Sein Vorgesetzter Wolodymyr Selenskyj war mittels Videoschaltung am Mittwoch zunächst im japanischen und schließlich auch im französischen Parlament zugegen. In Tokio forderte er ein Handelsembargo gegen Russland, um so den Sanktionsdruck zu erhöhen. In Anspielung auf die Atomkatastrophe von Fukushima warnte er vor dramatischen Folgen russischer Angriffe auf ukrainische Atomkraftwerke.

In Paris forderte Selenskyj französische Firmen auf, den russischen Markt zu verlassen. Am Donnerstag will der ukrainische Präsident virtuell am Nato-Gipfel teilnehmen. (Kim Son Hoang, red, 23.3.2022)