
Laut dem Obersten Gerichtshof hat der Arzt die Behandlungsmethode ordnungsgemäß erlernt.
Ärztinnen und Ärzte müssen ihre Patientinnen und Patienten vor Operationen über Risiken aufklären. Andernfalls haften sie für Komplikationen – und zwar unabhängig davon, ob sie beim Eingriff einen Fehler gemacht haben. Darüber, wie viele Operationen Ärzte schon nach einer bestimmten Methode durchgeführt haben, müssen sie laut dem Obersten Gerichtshof (OGH) aber nicht aufklären. (OGH 25.1.2022, 4 Ob 174/21y)
Eine Frau hatte sich in einem Krankenhaus einer Bandscheibenoperation unterzogen. Zuvor stellte sie ihr Privatarzt im Aufklärungsgespräch vor die Wahl, die Operation entweder offen oder endoskopisch durchzuführen. Das Risiko ist bei beiden Methoden etwa gleich hoch, allerdings spielt bei der endoskopischen Operation die Erfahrung des Arztes oder der Ärztin eine größere Rolle.
Da sich die Frau bei der Wahl der Operationsmethode nicht eindeutig festlegte, führte ein Arzt des Krankenhauses die OP schließlich endoskopisch durch. Dabei kam es zur Verletzung einer Nervenwurzel – ein typisches und oft unvermeidbares Risiko bei derartigen Operationen. Die Frau litt fortan an Lähmungserscheinungen und Rückenschmerzen.
Methode ordnungsgemäß erlernt
Dass der Arzt beim Eingriff einen Fehler gemacht hätte, konnte im Nachhinein nicht festgestellt werden. Die Frau klagte das Krankenhaus dennoch und verlangte 60.000 Euro Schmerzengeld. Die Ärzte wären demnach dazu verpflichtet gewesen, darüber zu informieren, dass der Chirurg mit der endoskopischen Methode wenig Erfahrung hat.
Laut OGH müssen Ärztinnen und Ärzte ihre Patientinnen über verschiedene Operationsmethoden informieren, wenn unterschiedliche Risiken entstehen können und der Patient oder die Patientin eine echte Wahlmöglichkeit hat.
Darüber, dass die Frau erst die fünfte Patientin war, die der Arzt selbstständig ohne Anleitung endoskopisch operierte, musste er aber im Vorhinein nicht aufklären. Denn laut den Richterinnen und Richtern hat er die Methode ordnungsgemäß erlernt. Seine Kenntnisse seien geeignet gewesen, um die Operationen alleine durchzuführen. (japf, 25.3.2022)