Am Sonntag, wenn die Uhren eine Stunde nach vorne gestellt werden, klingelt bei den meisten kein Wecker – dafür aber dann am Montag.

Foto: APA/HERBERT PFARRHOFER

Fast jedes dritte Volksschulkind klagt über Schlafstörungen. Ein alarmierendes Signal, denn vor der Pandemie gab es Schlafstörungen bei Kindern und Jugendlichen so gut wie gar nicht. Das zeigt eine aktuelle Umfrage, die der Salzburger Psychologe und Schlafforscher Manuel Schabus gemeinsam mit seinem Team im Frühjahr 2021, rund ein Jahr nach Pandemiebeginn, durchgeführt hat. Und auch bei älteren Kindern und Jugendlichen haben Schlafprobleme massiv zugenommen. In der Unterstufe gaben 35,2 Prozent an, schlechter schlafen zu können, und bei den 15- bis 18-Jährigen sind es sogar 45,8 Prozent.

Mehrere Faktoren ausschlaggebend

Den Grund, warum gerade die Pandemie bei Kindern und Jugendlichen zu Schlafproblemen geführt hat, erklärt Schabus so: "Die letzten zwei Jahre gab es viel Angst in der Gesellschaft. Es wurde in den Familien und Schulen häufig über Corona und die Gefahren gesprochen. Die Kinder und Jugendlichen haben ihre Ängste oft in die Nacht mitgenommen." Albträume sowie Durch- und Einschlafprobleme waren die Folge.

Bei den Jugendlichen kamen noch weitere Ängste hinzu: Sorgen um die Zukunft. "Viele Jugendliche hatten und haben Angst davor, dass es nie wieder so sein wird wie früher", weiß der Schlafforscher.

Zusätzlich haben 85 Prozent der Befragten angegeben, dass sich der Konsum von Handys und Tablets vergrößert hat. Auch das hat Auswirkungen auf die Schlafqualität: Blaulicht, das von diesen Geräten ausgeht, unterdrückt das Schlafhormon Melatonin: "Wenn wir vor allem abends noch aufregende Inhalte konsumieren und viel Blaulicht abbekommen, werden wir langsamer müde und können schwerer abschalten."

Aber nicht nur Sorgen, Ängste und zu viel Blaulicht schaden einem erholsamen Schlaf – auch Bewegungsmangel ist ein Schlafkiller. Drei Viertel der befragten Kinder und Jugendliche gaben an, sich während der Pandemie und der Lockdowns weniger bewegt zu haben, und 44 Prozent kamen weniger ans Tageslicht. Eine Abwärtsspirale, weiß Schabus: "Wenn ich nicht genug Tageslicht bekomme und Bewegung mache, bin ich abends nicht müde und kann schlechter einschlafen."

Sicherer Hafen

Eltern können ihre Kinder unterstützen, wenn sie plötzlich schlechter schlafen oder vielleicht von Albträumen geplagt werden. Wichtig: mit den Kindern und Jugendlichen über ihre Sorgen und Ängste reden. Der Psychotherapeut und Psychologe empfiehlt: "Das Wichtigste ist, eine sichere Umgebung zu schaffen und die Situation altersgerecht zu erklären." Das Gleiche gelte in der jetzigen Situation mit dem Krieg in der Ukraine. Das Ziel: "Das Zuhause sollte ein sicherer Hafen sein." Nur dann können Kinder sorgenfrei in den Schlaf finden, sonst nehmen sie die Ängste und Stimmungen vom Tag mit in die Nacht und wachen nicht erholt auf.

Auch Einschlafrituale helfen vor allem kleinen Kindern, abends zur Ruhe zu finden. In die Badewanne gehen, Bücher vorlesen und das Kind in den Schlaf begleiten – sofern es das möchte – lassen die Kleinen runterkommen und müde werden. Handy und Tablet sollten mindestens eine halbe Stunde vor dem Zubettgehen nicht mehr zum Einsatz kommen.

Sommerzeit-Jetlag

Auch die Umstellung auf Sommerzeit am Sonntag kann negative Folgen mit sich bringen. Allerdings gaben zwei Drittel der Kinder und Jugendlichen an, keine bis wenig Probleme damit zu haben. Dennoch kann es helfen, sein Kind auf die Stunde weniger Schlaf vorzubereiten. Schabus empfiehlt: "Man kann versuchen, ein paar Tage vor der Zeitumstellung immer wieder 15 bis 20 Minuten früher ins zu Bett zu gehen. Das hilft Kindern genauso wie Erwachsenen." Der Unterschied am Sonntag ist dann nicht ganz so groß, und vor allem das Aufstehen am Montag fällt etwas leichter.

Anfälligkeit für Infektionen

Guter Schlaf ist für alle, aber vor allem für Kinder und Jugendliche wichtig. Wer nicht gut schläft, schwächt sein Immunsystem und kann sich weniger konzentrieren. "Bereits wenige Nächte mit schlechtem Schlaf lassen uns anfälliger für Infektionen werden", weiß der Psychologe und Neurowissenschafter. Außerdem erhöht sich die emotionale Irritierbarkeit. Sprich: Unausgeschlafen kommt es häufiger zum Streit. (Jasmin Altrock, 25.3.2022)