Der 39-jährige Dirigent – auf dem Foto noch etwas jünger – sprang kurzerhand ein.

Foto: Chris Christodoulou

David Afkham und die Wiener Symphoniker – eine glückliche Verbindung. Wie gut es um die Chemie zwischen Dirigent und dem Orchester bestellt ist, zeigte sich am Mittwoch im Musikverein. Nachdem Joana Mallwitz erkrankt war, sprang der 39-jährige Dirigent kurzerhand ein und entfachte im Goldenen Saal gemeinsam mit dem Orchester ein Feuerwerk der Farben und Klänge.

Die ersten Töne gehören an diesem Abend Soloflötist Erwin Klambauer, der mit einer zart-süßen Melodie auf die mystische Atmosphäre in Claude Debussys Prélude à l'après-midi d'un faune einstimmt. Zu Pans Fantasien mit den Nymphen entspinnen sich im Orchester impressionistische Stimmungsbilder, die – unterbrochen von den faunischen Begierden – an luftige Frühlingswolken erinnern, die über den blauen Himmel ziehen, um schließlich im Nichts zu verschwinden.

Teufelsritt

Nach kurzem Um- und Aufbau auf der Bühne setzte sich Francesco Piemontesi an den Steinway-Flügel. Mit im Gepäck hatte der Italiener Robert Schumanns Klavierkonzert – eines der schönsten überhaupt. Piemontesi ist nicht nur ein einfühlsamer und brillanter Pianist; die Art, wie er im Dialog mit den Stimmen des Orchesters musiziert, ist einmalig. Oft vergessen die Interpreten ja, dass Schumann das Werk als "Mittelding zwischen Symphonie, Konzert und großer Sonate" gedacht und nicht als "Konzert für einen Virtuosen" geschrieben hatte.

Afkham, Piemontesi und die Symphoniker nahmen den Komponisten beim Wort und gestalteten eine ergreifendes Zusammenspiel zwischen Eusebius und Florestan, zwischen Jubel, Fantasie und beseelter Zartheit. "Bilder aus dem heidnischen Russland" überschrieb Igor Strawinsky Le sacre du printemps, der mit seiner radikal modernen Musik bei der Uraufführung für Pfiffe, Gelächter, und Protestrufe sorgte. 100 Jahre später hat das Werk nichts von seiner Kraft verloren. Auch Orchester und Dirigent haben hör- und sichtbare Lust am Spiel mit dem rituell Archaischen und vollbringen einen Teufelsritt wilder Ekstase, dass einem die Luft wegbleibt. (Miriam Damev, 24.3.2022)