Frankreichs Verteidigungsministerin Florence Parly bestätigte zumindest den Raketentest.

Foto: AFP/LUDOVIC MARIN

Die französische Marine hat drei ihrer vier atomwaffenbestückten Unterseeboote zu Wasser gelassen und auf Patrouille geschickt. In normalen Zeiten ist immer nur eines der U-Boote unterwegs. Dass gleich deren drei die Militärwerft in Brest (Bretagne) verlassen haben, ist seit der Entwicklung der nuklearen "Force de Frappe" noch nie vorgekommen. Eine offizielle Bestätigung für den Schritt gab es nicht. Die französische Marine informiert aus Prinzip nie über die Bewegungen ihrer atomaren Unterseeflotte. Die Meldung stammt von einem Journalisten. Dass sie trotzdem durchsickerte, lässt darauf schließen, dass Paris mit dem Auslaufen der U-Boote ein Signal nach Moskau schicken will.

Am Mittwoch hat die französische Luftwaffe zudem eine modernisierte Version der Luft-Boden-Rakete ASMPA von einem Rafale-Kampfjet aus getestet, allerdings ohne Atomwaffenladung. Diesen Test hat Verteidigungsministerin Florence Parly offiziell bestätigt.

Maximale Auslastung

Frankreich hatte schon am 1. März, also kurz nach Beginn der russischen Invasion und der Alarmbereitschaft des russischen Atomwaffenarsenals, ein zweites U-Boot aktiviert. Jetzt folgt ein drittes. Das ist die Maximalauslastung: Immer ein U-Boot muss im Trockendock überholt werden.

Laut Militärexperten werden U-Boote normalerweise zu Wasser gelassen, um sie in der Werft vor Angriffen aus der Luft zu schützen. Das Auslaufen von drei U-Booten dürfte aber eher psychologische Gründe haben: Paris bedeutet Moskau, dass es bereit ist, Angriffe zu kontern.

300 Atomsprengköpfe

Frankreich verfügt über gut 300 Atomsprengköpfe. Jeweils drei der vier Atom-U-Boote (Le Triomphant, Le Téméraire, Le Vigilant und Le Terrible) sind mit je 16 Raketen ausgerüstet, die jeweils bis zu sechs Sprengköpfe tragen können. Dazu kommen nach unbestätigten Angaben etwa 50 Luft-Boden-Atomraketen (ASMPA), die von Rafale-Jägern getragen werden. Diese können auch vom Flugzeugträger Charles de Gaulle starten.

Die 300 französischen Sprengköpfe sind die einzigen Atomwaffen im EU-Raum. Großbritannien verfügt seinerseits über 220 Sprengköpfe. Das ist sehr wenig verglichen mit den 6.200 Sprengköpfen Russlands und den 5.500 Sprengköpfen der USA; auch China dürfte heute bereits auf 350 Sprengköpfe kommen.

Merkel lehnt Angebot ab

Die französische Force de Frappe ist rein defensiv aufgestellt und dient einzig der Abschreckung. Ihre 300 Sprengköpfe erreichen zusammen eine Schlagkraft von 2.000 Hiroshima-Atombomben. Der französische Präsident Nicolas Sarkozy hatte 2007 der damaligen Kanzlerin Angela Merkel angeboten, Deutschland mit französischen Atomwaffen zu schützen. Der Vorschlag wurde freundlich abgelehnt. 2020 sprach Emmanuel Macron erneut von der Notwendigkeit einer "europäischen Abschreckung". Auch dieser Vorstoß wurde nicht weiterentwickelt. (Stefan Brändle aus Paris, 24.3.2022)