Seine Projekte wackeln: Dirigent Teodor Currentzis.

Foto: Nadia Romanova

Wegen des Ukraine-Krieges hat der griechische Dirigent Teodor Currentzis jenes Programm geändert, mit dem sein SWR Symphonieorchester gerade Europa bereist. Auch im Wiener Konzerthaus (4. 4.) wird man statt Brahms ein Werk des Ukrainers Oleksandr Shchetynsky spielen. Andere Aktivitäten des schweigsamen Currentzis jedoch wackeln. Sein Erfolgsensemble Music Aeterna ist in St. Petersburg situiert und so mitten in mannigfachen Problemen. Es wird finanziell von der VTB-Bank unterstützt, die auf der Sanktionsliste steht.

Die Salzburger Festspiele grübeln noch, ob das Projekt Herzog Blaubarts Burg / De temporum fine comoedia mit Currentzis und dem Music Aeterna Choir stattfinden kann. Die Bayerische Staatsoper hingegen hat die Premiere der Oper Koma (Georg Friedrich Haas) gleich um zwei Jahre verschoben. Offiziell wegen schwer zu garantierender "anspruchsvoller Probenarbeit".

Vielfältiges Ensemble

Im Wiener Konzerthaus will man dagegen nicht absagen. Für Intendant Matthias Naske bekommt zwar niemand, "der den Krieg proaktiv unterstützt oder durch künstlerisches Handeln zur Legitimation des Regimes beiträgt, eine Bühne". Auf Music Aeterna und Currentzis, die für 10. und 11. April angesagt sind, würde dies jedoch nicht zutreffen. Man arbeite an einer Programmänderung und einem Benefizkonzert für die Ukraine. Klar ist aber für Naske: "Mit seiner Vielfalt steht das Ensemble für eine Offenheit, die zu unterstützen wertvoll ist." Schließlich würden Ukrainer mit Russinnen spielen, Türkinnen mit Griechen und Israelis.

Die Nähe zur VTB-Bank sei ein Problem, das "nach und nach gelöst werden" müsse. Für Naske würde vonseiten des Klangkörpers ein Zeichen der Positionierung helfen, eine Geste. "Ich hoffe, dass sie kommt", so der Konzerthaus-Intendant.

Den offenen Brief, den der russische Dirigent Vladimir Jurowski initiiert hat, um den Angriff Russlands auf die Ukraine zu verurteilen, hat Currentzis im Gegensatz zu Simon Rattle und Franz Welser-Möst nicht unterschrieben.

Differenziert heißt es im Brief des Generalmusikdirektors der Bayerischen Staatsoper: Nicht jeder "fühlt sich imstande, klar auszusagen, da eine solche Aussage unter Umständen der Person selbst oder ihren Angehörigen, Freunden und Arbeitskollegen in Russland oder Belarus erheblichen Schaden zufügen könnte". Damit ist wohl auch jenes Dilemma beschrieben, in dem Currentzis und Music Aeterna stecken. (Ljubiša Tošic, 24.3.2022)