Jetzt heißt es einmal ankommen; in einem neuen Land, einem neuen Zuhause und in einer neuen Schule. 2300 Kinder und Jugendliche, die vor dem Krieg in der Ukraine geflohen sind, drücken österreichweit bereits die Schulbank. Allein 800 von ihnen besuchen eine reguläre Klasse in Wien, wo auch 60 Kindergartenkinder bereits einen Platz haben. In der Hauptstadt wurden nun zusätzlich zehn "Neu in Wien"-Klassen eröffnet. Dort werden ausschließlich ukrainische Schülerinnen und Schüler unterrichtet. Maximal 25 der Kleinen lernen gemeinsam – voll belegt sind die Klassen bisher nicht.

Hunderte Kinder lernen schon in Wien. Auch die ukrainische Samstagsschule ist gut besucht.
Foto: Ukrainische Samstagsschule

Dort, wo es möglich und praktikabel ist, würde in ganz Österreich auf Deutschförderklassen gesetzt, heißt aus dem Bildungsministerium von Martin Polaschek. Eine solche werde ab acht Schülerinnen und Schüler eingerichtet. Darunter werden die Neuankömmlinge in Stammklassen integriert und erhalten Deutschförderkurse. Mit den Deutschförderklassen sei "sichergestellt, dass sie schnell unsere Sprache lernen", sagte Polaschek.

Frage der Ressourcen

In Wien bezeichnet man die eigenen Klassen für ukrainische Kinder hingegen als "Sofortmaßnahme", sagt Neos-Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr, um den Kindern eine Perspektive, Schutz und Orientierung zu bieten. Das Ziel sei, dass alle Kinder unabhängig von ihrer Staatsbürgerschaft gemeinsam lernen. Solange es notwendig ist, werde man aber die eigens eingerichteten Klassen behalten. "Es ist eine Ressourcenfrage: Wir können die bestehenden Klassen nicht überfüllen."

Einer der neuen Kurse ist am Schulcampus Wien-Landstraße angesiedelt. Von 8 bis 13 Uhr feilen die Volksschulkinder hier in der schulstufenübergreifenden Klasse besonders an ihren Deutschkenntnissen. Den Stoff für sie bereiten jeden Tag zwei Lehrerinnen auf: Eine der beiden spricht Ukrainisch, die zweite ist zur Unterstützung wieder aus dem Ruhestand zurückgekehrt. So wie sie haben es laut Stadt bereits vier andere Pensionistinnen getan.

Auch in Oberösterreich, wo derzeit rund 190 aus der Ukraine geflüchtete Kinder und Jugendliche Schulen besuchen, der Großteil davon sind Pflichtschülerinnen und -schüler, greift man auf pensionierte Lehrkräfte zurück. Um einen mögliche Ansturm im Klassenzimmer bewältigen zu können, wurden diese von Seiten des Landes und der Bildungsdirektion nun angeschrieben und um eine Mithilfe bei der Begleitung ukrainischer Schüler gebeten. Wie viele geflüchtete Kinder und Jugendliche in Oberösterreich bleiben und hier zur Schule gehen werden, kann man in der Bildungsdirektion noch nicht einschätzen. Erwartet wird aber eine "sehr dynamische Entwicklung der Zahlen".

Suche nach Personal

Insgesamt wurden in Wien 16 Pädagoginnen neu angestellt, zehn davon Muttersprachlehrende außerdem ein Deutsch-als-Fremdsprache Lehrer. Der Bedarf dürfte allerdings weit größer sein. Laut Wiederkehr seien alleie in der Hauptstadt bereits 2000 ukrainische Kinder und Jugendliche im schulpflichtigen Alter registriert worden.

Bildungsminister Martin Polaschek und Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr besuchten eine Klasse für ukrainische Kinder.
Foto: APA / Georg Hochmuth

Standorte sowie Klassenräume habe man ausreichend – das Personal sei die Herausforderung. Darum sucht man an allen Ecken und Enden. Neben den pensionierten Lehrerinnen will man auch auf Lehramtsstudierende zurückgreifen – etwa 100 jener aus Wien würden auch Ukrainisch sprechen. Weiters habe man sich mit dem Bildungsministerium auf einen "unbürokratischen Weg" geeinigt, um aus der Ukraine geflüchtete Pädagoginnen anzustellen, sagt Wiederkehr. Diese würden – ähnlich wie die Lehramtsstudierenden, denen die Erfordernisse für eine reguläre Anstellung fehlen – mittels Sonderverträgen beschäftigt.

Für viele Flüchtlinge verzögert sich die Jobsuche derzeit jedoch. Rund 27.000 Personen wurden bisher registriert. Nach der Registrierung erhält man eine Aufenthaltskarte, die den Zugang zum Arbeitsmarkt ermöglicht. Das Problem: Die Staatsdruckerei, die vom Innenministerium beauftragt wurde, das Dokument zu produzieren, musste sich erst noch umorganisieren – es kam zu Verzögerungen.

Studierende als Buddys

Im Bildungsministerium plant man zudem ein Buddysystem für die Kinder. Dafür suche man Studierende. Rund 2700 Ukrainerinnen und Ukrainer sind momentan an einer Hochschule eingeschrieben. Wie das System genau funktionieren soll, ist aber noch offen. Es sei derzeit in Zusammenarbeit mit dem Integrationsfonds am Anlaufen, heißt es auf Nachfrage in dem Ministerium.

Vereinzelt gebe es bereits Fälle, wo Studierende mit Schülerinnen gemeinsam arbeiten und sie beim Lernen und darüber hinaus unterstützen. "Sie sollen auch ein wenig ein Anker für die Kinder sein. Diese Studierenden kommen aus demselben Land wie sie, kennen sich hier aber schon aus. Außerdem sprechen sie nicht nur ihre Muttersprache, sondern auch Deutsch", heißt es aus dem Ministerium. (Oona Kroisleitner, Markus Rohrhofer, 24.3.2022)