In Zeiten ausufernder Forschungs- und Entwicklungskosten muss man haushalten mit den Kräften. Das betrifft die ganz großen Automobilkonfektionäre, die kleinen umso mehr. Deshalb auch die vielen Kooperationen zwischen Herstellern, die sich sonst auf dem Absatzmarkt heftig befehden.

Mazda hat sich zuletzt unter anderem dadurch ausgezeichnet, nicht jeder Mode blind hinterherzulaufen, sondern sich den Sachverhalt mit der Gleitsichtbrille des nüchternen japanischen Ingenieurs und der sprichwörtlich sparsamen schwäbischen Hausfrau anzusehen.

Ein Auto wie ein Zen-Garten: Der CX-60 wird der größte SUV, den Mazda seit dem CX-7 in Europa positioniert hat. Auf los geht’s los.
Foto: Mazda

Beispiel: Downsizing-Motoren. Die hätten als Vorteil weniger Gewicht. Nachvollziehbar bei drei statt vier Zylindern. Man benötigt dann weniger Teile, das macht das Aggregat günstiger. Und auch manches andere – die Bremsen etwa – kann aufgrund der Gewichtsreduktion geringer dimensioniert ausgeführt werden. Ergebnis verbrauchs- und abgasseitig: sparsamere Autos. Auf dem Papier, im Normtestverfahren. In der Realität sieht es meist umgekehrt aus, da führt der Downsizing-Ansatz zu mehr Verbrauch. Audi hatte vor Jahren gemeint, Rightsizing – ein Dialektausdruck aus dem Raume Ingolstadt – sei der rechte Zugang, und eben den hat Mazda letztlich gewählt für die Skyaktiv-Motoren.

Gut, aber mit dem Wankel haben sie sich verkoffert, wenden Sie ein? Mag sein, Sympathien bringt ihnen der aber immer noch ein, und er bekommt gleich seine nächste Chance als Range-Extender, "wie man im Rennenglisch sagt", hätte Heinz Prüller einst gesagt: Noch heuer im Herbst wird er sich im elektrischen MX-30 als Reichweitenerweiterer finden. Ein auf Dauerlauf ausgelegtes ganz kleines Motörchen.

Ebenfalls aus reiflich durchdachten Erwägungen ist Mazda 2021 der E-Fuel-Alliance beigetreten, Porsche denkt für seine Sportwagen in ähnlichen Bahnen, und damit sind wir bei einem ganz großen Investitionsbrocken, einer ganz großen Sache: technische Architektur vulgo Plattform.

Foto: Mazda

Gleich zwei neue legt sich der Hersteller aus Hiroshima zu. Eine hinterradantriebsbasierte, die für die größeren verbrennungsmotorisch angetriebenen Modelle der Marke vorgesehen ist, sowie eine für die künftigen batterieelektrischen Fahrzeuge. Begleitet wird das von einer großangelegten Modelloffensive, eingebettet in die Zukunftsstrategie "Zoom-Zoom 2030": 13 neue Mazdas sind avisiert, drei davon Elektroautos, die ab 2025 ans Netz gehen sollen.

Los geht’s

Den Auftakt macht im Spätsommer der CX-60, als erster Sendbote der neuen großen Verbrennerplattform fährt Mazdas erster Plug-in-Hybrid vor. Dessen technische Daten lesen sich wie folgt: Allradantrieb, neue (und selbst entwickelte) 8-Gang-Automatik, längs eingebauter 2,5-Liter-Vierzylinder (141 kW/191 PS), Permanentmagnet-Synchron-Elektromotor (100 kW / 136 PS), 241 kW (327 PS) Systemleistung, und die 17,8-kWh-Batterie ist für bis zu 63 elektrisch gefahrene Kilometer gut. Die Preise stehen auch schon fest, sie reichen von 49.450 bis 54.950 Euro.

In fahrdynamischer Hinsicht nennt Mazda gern BMW als maßgeblich. Klingelt da was bei Ihnen, wenn von längs eingebauten Reihensechszylinder-Diesel- und Ottomotoren die Rede ist? Der Selbstzünder kommt gegen Jahresende mit Allrad- und Hinterradantrieb, der Benziner 2023 (und womöglich taucht der auch, Stichwort Kooperationen, im nächsten Lexus IS auf). 2023 startet auch noch der größere Bruder des CX-60, der CX-80, mit bis zu sieben Sitzen.

Kunsthandwerk japanischer Ausprägung:
Innen schwingt sich Mazda bei Materialien und Anmutung in ganz neue Sphären auf.
Foto: Mazda

Fahrzeugkategorisch setzt Mazda damit voll auf SUVs, was aber originell ist: Auch hier schimmert ein BMW-ähnliches Muster durch. Lange versicherten die Weiß-Blauen, jenseits von X5/X6 sei nichts geplant, nichts nötig – und dann kam, unter dem Eindruck des US- und China-Erfolgs von Mercedes GLS und Audi Q7, der X7. Mazda wiederum stieg 2007 mit dem CX-7 bei uns in die SUV-Ära ein. 2012 war schon wieder Schluss. Mit 4,68 m Länge zu groß für Europa, lautete das Argument. CX-5, CX-3, CX-30 und MX-30 geben es deutlich kompakter. Und jetzt? Mit 4,75 Metern ist der CX-60 länger als damals der CX-7, breiter sowieso, der 80er wird noch eins drauflegen. Nachvollziehbare Kurskorrektur, denn auch in Europa sind größere SUVs begehrt. Eher sieht es so aus, dass die Tage von Limousinen und Kombis à la Mazda6 gezählt sind. Der kleinere CX-50, der seit heuer im gemeinsam mit Toyota errichteten Werk in Huntsville, Alabama, gebaut wird, kommt aber leider nicht zu uns.

Auf das fahrdynamische Potenzial des CX-60 darf man angesichts der technischen Ausrichtung gespannt sein, ebenso sehr aber auf das, was die Innenausstatter zustande brachten: japanisches Kunsthandwerk in Reinkultur. (Andreas Stockinger, 30.3.2022)