Kim Jong-un im Stil des Regisseurs Michael Bay.

Foto: Screenshot/KCNA

Zwei Versprechen seines Freundes seien für ihn zentral, sagte Ex-US-Präsident Donald Trump Ende 2019: Er dürfe keine Atomtests durchführen und keine Raketen testen, "mit denen er uns angreifen kann". Zumindest Letzteres hat der Freund, Nordkoreas Diktator Kim Jong-un, am Donnerstag gebrochen. Wie die Regierung in Pjöngjang am Freitag bestätigte, hat das Land eine Interkontinentalrakete vom neuen Typ Hwasong-17 abgeschossen. Und auch Berichte über einen geplanten Atomtest gibt es.

Der Start der neuen Rakete feierte Nordkorea am Freitag mit einem elfminütigen Video, das auch im staatlichen TV ausgestrahlt wurde. Zu sehen sind Diktator Kim und mehrere Generäle, die unter anderem in Zeitlupe vor der Rakete umherstapfen, später auch den Auslöseknopf für den Start drücken. Der obligatorische Jubel nach erfolgreichem Flug darf ebenso wenig fehlen wie eine vergnügte Stimme, die jener von Nachrichtensprecherin Ri Chun-hee ähnelt. Diese hatte nach Atomtests stets in ausgelassenem Ton die Erfolge des nordkoreanischen Militärs gepriesen.

Auch alte Aufnahmen verwendet

Aufmerksamen Beobachtern fiel allerdings auf, dass der Schattenwurf im Video nicht zur frühmorgendlichen Stunde, zu der die Rakete am Donnerstag gestartet wurde, passt. Auch die Brandspuren auf der Startbahn, die auf aktuellen Satellitenbildern zu sehen sind, fehlen. Offenbar wurde Material des gescheiterten Tests am 16. März verwendet.

NK News

Die Hwasong-17 ist die bisher größte Rakete im nordkoreanischen Arsenal. Beim Test am Donnerstag wurde sie in einem sehr steilen Winkel abgeschossen, erreichte eine Höhe von etwa 6.000 Kilometern und fiel dann ins Meer zwischen Korea und Japan. Nordkorea nutzt bei seinen Tests steile Abschusswinkel, damit Raketen nicht über andere Länder, etwa Japan, fliegen.

USA nuklear erreichbar

Schon beim Vorgängermodell Hwasong-15, das 2017 nur etwas mehr als 4.000 Kilometer Höhe erreicht hatte, war errechnet worden, dass die Rakete bei einem flacheren Abschuss weite Teile der USA treffen könnte. Die Hwasong-17 trug zudem offenbar Ballast, der die Traglast einer Atombombe simulieren sollte – das von ihr ausgehende Drohpotenzial ist also klar.

Mit weiteren Aktionen wird in den kommenden Wochen gerechnet. Am 15. April jährt sich zum 110. Mal die Geburt von Staatsgründer Kim Il-sung, dem Großvater des aktuellen Machthabers. Dieser Anlass wird in Nordkorea traditionell mit Demonstrationen militärischer Stärke verbunden. Zudem wurde in den vergangenen Wochen Wiederaufbauarbeit auf dem 2018 gesprengten Atomtestgelände Punggye-ri gemeldet. Kim hatte dieses im Vorfeld seines Treffens mit Trump 2018 zerstören lassen, um guten Willen zu demonstrieren. Nach der Annäherung mit den USA hatte es für Pjöngjang aber nicht die erhofften Sanktionserleichterungen gegeben.

Seit 2019 droht Nordkorea wieder klarer mit aggressiven Statements und Handlungen. Vor allem aber hat sich die Lage nach dem Wahlsieg Joe Bidens in den USA verschärft. Dessen Regierung übernahm zwar Trumps Ansatz, für Verhandlungen bereit zu sein, traf aber keine eigenen Initiativen und verlegte viel Aufmerksamkeit auf andere Themen. Auch der Sieg des Konservativen Yoon Suk-yeol bei Südkoreas Präsidentenwahl am 9. März könnte die Spannungen anfachen. Die USA verhängten nach dem Raketentest neue Sanktionen gegen fünf nordkoreanische Unternehmen und Institutionen aus dem Rüstungskomplex sowie fünf Personen. (Manuel Escher, Bert Eder, 25.3.2022)