Vor fast genau zwei Jahren war die große Welt noch in fröhlicher Frühjahrsstimmung, natürlich auch das automobile Spektrum. Neue Modelle scharrten in den Startlöchern, rosig schien die Zukunft, vor allem elektrisch – ohne Sorgen, wo wir morgen den Strom hernehmen sollten. Gut gelaunt fuhr ich mit dem neuen Mini-E in das Burgenland, der traditionelle Supertest der Standard-Motorredaktion im Friaul wurden akribisch geplant, das Menü hieß Wonne, Sonne, Heiterkeit. Die rührige heimische Oldtimerszene mit ihren europaweit hoch angesehenen Veranstaltungen wie Südsteiermark Classic, Gaisbergrennen, Ennstal-Classic oder Kitzbüheler Alpenrallye freute sich auf die Auftritte schöner, motorisierte Kulturgüter. Vollgebucht auch der nationale Kalender, nach der Winterpause rüsteten die heimischen Klubs für ihre Auftritte, in den Garagen warteten die Oldtimer wie Rennpferde auf den ersten Ausritt.

Das Bild stammt von
der Ennstal-Classic im
vergangenen Juli,
Streckenabschnitt ist die Bergwertung Stoderzinken und im Bild zu sehen ein
AC 17/70 Baujahr 1935. Krise macht kreativ: Im Rahmen dieser
international
bedeutsamsten heimischen
Oldtimer-Veranstaltung
wurde auf Instagram
auch ein Fotowettbewerb zum Themenkreis
Social Distancing
abgehalten.
Foto: Ennstal-Classic / Martin Huber

Doch dann schlug Corona weltweit wie eine Bombe ein, die Sprache nahm militärischen Habitus an, man sprach von Krieg gegen einen Feind, den man nie sah, nie hörte, nicht spürte, bis es oft zu spät war. Experten zogen sich Tarnanzüge an, wobei, es ist natürlich eine Mär, dass Bundeskanzler Karl Nehammer, Oberleutnant des Bundesheeres, seine Kampfdress bügeln ließ. Vor zwei Jahren überfiel uns der Feind, als Virus verkleidet, und jetzt rattern Panzer, heulen Düsenjäger, donnern Geschütze auf wehrlose Städte: Diesmal hat sich der Gegner nicht unsichtbar gemacht, täglich gibt es im TV Krieg zu sehen. Analog zu Richard Wagners Oper Der fliegende Holländer tauchen Bilder und Namen aus vergangen Zeiten auf, Schlachtfelder des Zweiten Weltkriegs, Charkow, Kiew, Cherson, Saporischschja, Tscherkassy, dazwischen der Schicksalsfluss Dnjepr.

Schluss mit Kriegsgeschichten, brechen wir die Geschichte auf die historische, österreichische Automobilwelt herunter. Wie versucht sie, in diesen Krisen ohne Exitstrategien zu agieren, besser gesagt zu überleben?

Ab März 2020, die Virusrakete zählte militärisch als Volltreffer, folgte durch den verordneten Lockdown die absolute Lähmung. Absagen folgten auf Absagen, Vorlaufkosten bei großen Events endeten wie heute Investitionen in Russland im Abfallkübel. Wolfgang Buchta als Herausgeber des führenden heimischen Fachmagazins Austro Classic, seit Jahrzehnten am Puls der Retrowelt, vermisste innerhalb kurzer Zeit die Hälfte der im Kalender angemeldeten Veranstaltungen. Das Klubleben kam weitgehend zum Erliegen, Furcht vor Ansteckung, Ausgangsbeschränkungen in Verbindung mit limitierten Besucherzahlen in der Gastronomie, später Impfvorgaben, Testzertifikate förderten keineswegs das gesellschaftliche Leben. Ein Oldtimer-Biedermeier breitete sich aus, man blieb zu Hause, schrieb Bücher oder versuchte sich in der Garage erstmals als Schrauber.

Foto: Ennstal-Classic / Martin Huber

In diesen scheinbar ruhigen Tagen gab es auch Gewinner, Ersatzteillieferanten machten blendende Geschäfte. Andererseits: Keine Veranstaltungen, keine Sponsoren, dort regierte der Sparstift. Schwer getroffen wurde europaweit die Welt der Messen und der großen Events. Gähnende Leere in Goodwood, Werksbeteiligungen waren Makulatur, für kontinentale Teilnehmer gab es obendrein zwei fast unüberwindbare Hindernisse – Brexit und Reisebeschränkungen.

Und heuer? Die Tullner Oldtimermesse (21./22. Mai) schöpft wieder Optimismus. Nach zwei Absagen sollte es diesmal klappen, wenn auch, wie der Veranstalter realistisch formuliert, von den bisher normalen Besucherzahlen – 25.000 Personen – hoffentlich zwei Drittel erreicht werden können. Ausländische Aussteller, sonst aus ganz Europa, dürften Mangelware bleiben. Die Messe Salzburg vergangenen Oktober machte eher einen bescheidenen Eindruck, dagegen registrierte Padua im Oktober volles Haus.

Optimismus kehrt zurück

Eines zeichnet sich aber deutlich ab: Die Schockstarre der ersten Monate nach Ausbruch der Pandemie weicht einer positiven Einstellung, Ende der Tristesse, Motto: Jetzt erst recht. Natürlich gab es Opfer, zahlreiche kleinere Klubs stellten praktische die Aktivität ein, viele ältere Mitglieder scheuten das Zusammentreffen mit anderen Personen, auf einmal gab es keine Freiwilligen mehr, welche die vom Gesetzgeber vorgeschriebene Funktion ehrenamtlich übernehmen wollten.

Wie haben ambitionierte Funktionäre den Weg aus dem Jammertal gefunden? 2020 verlegte man in Kitzbühel den Termin der Alpenrallye von Juni auf September. Von einem überquellenden obligaten Starterfeld konnte damals keine Rede sein, 53 Fahrzeuge statt üblicherweise rund 200 standen am Start, erstmals in der jahrzehntelangen Geschichte dominierten die österreichischen Teilnehmer, für die deutsche Invasion bedeuteten die Einreisebestimmungen von Tirol das absolute No-Go. Voriges Jahr, laut damaligem Bundeskanzler galt Corona als beendet, konnte Kitzbühel wieder eine halbwegs normale Rallye durchführen, streng die Impf- und Testvorgaben, das gilt auch für September 2022.

Die Welt alter Automobile ist in diesen beiden Jahren weder für Organisatoren noch für Aktive schöner geworden. Während in Italien Veranstaltungen wie die Mille Miglia oder die Nuvolari aus Mantua weiterhin Publikumsrenner sind, kann man die Autoskepsis, speziell bei jüngeren Menschen, deutlich erkennen, und das, obwohl Corona dem Auto als risikoarme Form der Fortbewegung wieder Auftrieb verliehen hat. Ein mehrfacher Staatsmeister auf schnellem Gerät berichtet von erwachsenen Kindern ohne Interesse am Führerschein. Immerhin, die oft recht negative Autoberichterstattung in manchen Medien hat bisher die Oldtimerwelt noch nicht getroffen. Bei durchschnittlichen jährlichen Fahrleistungen von rund 3000 Kilometern pro Wagen sind auch Spritpreise von zwei Euro pro Liter oder mehr verkraftbar, die bescheidene Umweltbelastung fällt nicht ins Gewicht. Die Zukunft heißt ohnehin E-Fuels, das wird bereits in der Formel 1 oder bei der Rallye-WM vorgemacht.

Foto: Ennstal-Classic / Martin Huber

Der Obmann der Organisation österreichischer Veranstalter, Robert Krickl, selbst verantwortlich für die Höhenstraßen Classic, suchte den Kontakt zum Verkehrsministerium, am besten zur Ressortchefin Leonore Gewessler. Das funktionierte nicht, doch ein sympathisches Mitglied aus ihrem Kabinett stellte sich den Fragen. "Ich bin Radfahrer", war sein Öffnungsstatement, man fand dann aber doch zusammen: "Ich würde mich für einen Toyota Corolla, wie ihn meine Mutter fuhr, interessieren, könnt ihr mir behilflich sein?" Die Brücke war geschlagen. Krickl spürt viel Optimismus in der Branche, die strengen Corona-Vorgaben, 2G oder 3G, scheinen sich langsam abzuflachen, trotzdem werden weiterhin alle Auflagen penibel beachtet. Wie bei Olympia in Peking müssen sich die Sieger mit Pokalen oder Medaillen selbst bedienen. Ein Nachholbedarf bei den Aktiven in der Oldtimer-Szene ist klar erkennbar, die Nennungen steigen, die Freude an analogen Instrumenten als Erholung von der Digitalflut mag mitschwingen.

Oldtimer-"Demonstration"

Rudolf Bromberger zeichnet im Sommer von 20. bis 22. August für die traditionellen Vienna Classic Day verantwortlich. Das große Event in der Wiener Innenstadt findet am Sonntag statt, an den Tagen davor dürfen die Teilnehmer bei Bewerben außerhalb Wiens ihr Können zeigen. Clever die Idee, Teile der Classic Days in Wien als Demonstration für Sympathie zu historischen Autos anzumelden. Seine Zukunftsprognose nach raschem Blick in die Glaskugel: "Schau ma halt."

Auch die Ennstal Classic hat schwere Zeiten hinter sich. 2020 Absage – für Starter, die ihre schon langer vorher gebuchten Hotelreservierungen nicht stornieren konnten oder wollten, gab es rasch organisiert eine sportliche Rundfahrt mit immerhin 53 Fahrzeugen. Die Vorbereitung für das folgende Jahr stellte sich als Mischung aus Zitterpartie und 24 Stunden Stress dar. Homeoffice, Einschränkungen, Unsicherheit bezüglich der Machbarkeit – die Veranstaltung konnte dann letztlich doch als Erfolg gewertet werden, mit über 220 registrierten Teilnehmern; Roadbooks gab es nur gegen Impfzeugnis, bewundernswert die Disziplin des gesamten Starterfelds. Viel Optimismus herrscht für den diesjährigen Termin (20.–22. Juli), sofern die Ukraine nicht gemeinsam mit Corona alles über den Haufen wirft.

Das Team des Gaisbergrennens (25.–28. Mai) befindet sich bis Ende März sicherheitshalber im Stand-by-Status. Dann muss die Organisation auf Volldampf laufen: Druckwerke bestellen, in der Gastronomie reservieren. Zelte kommen nicht infrage, das würde dem gewohnten hohen Standard widersprechen. Daher bleibt die Teilnehmerzahl mit 140 limitiert, mehr Platz gibt es nicht in den heimischen Gaststuben. Die Streckensperre Samstag auf den Gaisberg gilt als Labsal für die Anrainer, die bei Schönwetter am Wochenende mehr als fünftausend Motor-Touristen über sich ergehen lassen müssen.

Und wie sieht die Einstellung der Aktiven für die bevorstehende Saison aus? Michael Schaude, stolzer Besitzer eines raren Porsches 904 GTS, wählt für die Südsteiermark Classic (20.–23. April) nach zweimaliger Absage den wendigen Porsche 356, persönlich bevorzugt er aber jetzt Alleinfahrten wie beim "Ventilspiel" am Red Bull Ring. Beobachtungen von der Geburtstagsfeier in Purkersdorf: Die halbe "Hardcore"-Gemeinschaft des Großraums Wien traf sich, um einen der Ihren hochleben zu lassen. Sprüche, wie "Kannst du dich noch an die Zeitnahme im hintersten Wald von Niederösterreich erinnern?" machten die Runde, Abenteuer bei der Tour de France oder in der Wüste bei Dubai wurde wiedererweckt. Der Blick in die Zukunft aber, der blieb durch Unsicherheit getrübt. (Peter Urbanek, 30.4.2022)