Parlamentspräsident Wolfgang Sobotka folgte der Einladung des indischen Parlamentspräsidenten, der ihn im September laut "Kurier" geradeheraus gefragt hatte: "Warum fahrt ihr immer nach China? Kommt doch zu uns."

Foto: APA / Georg Hochmuth

Wie viele sind nicht auf der Suche nach Erleuchtung und im Bedürfnis nach Wiedergeburtenkontrolle einst nach Indien gezogen, um gesättigt mit der Weisheit der Brahmanen in den Westen heimzukehren! Neulich, im Parlament in Wien war gerade nicht viel los, als dessen Präsident von ähnlichen Wünschen beseelt und von "Kronen Zeitung" sowie "Kurier" begleitet einen Besuch bei Großmacht Indien absolvierte, dessen Zweck sich auch aus ausschweifender Berichterstattung in den genannten Blättern nicht recht erschließen wollte. Das wäre nicht neu, haben doch auch der Bundeskanzler und die Umweltministerin Fahrten ins Morgenland absolviert, ohne dass die Öffentlichkeit erfuhr, ob mehr dahintersteckte als eine Eröffnung der Reisesaison.

"Warum fahrt ihr immer nach China?"

Man kann natürlich alles kritisch hinterfragen, wie der "Falter" das boshaft zu tun beliebt, und zur Erkenntnis kommen, Sobotkas Hauptbeschäftigung besteht darin, in Fettnäpfe zu treten, was er stets damit zu krönen pflegt, dass er sich den Fettnapf danach noch über den Kopf stülpt. Diesmal folgte er der Einladung des indischen Parlamentspräsidenten, der ihn im September laut "Kurier" geradeheraus gefragt hatte: "Warum fahrt ihr immer nach China? Kommt doch zu uns."

Wer kann einer solchen Einladung widerstehen, noch dazu, wenn sie von einem Mitglied der hindunationalistischen, man kann sagen hindufaschistischen Partei des Premiers Narendra Modi kommt, wie der "Falter" bekrittelt. Modi fraternisierte mit Trump und fand kein Wort der Kritik an Putins Überfall auf die Ukraine. Sahib Sobotka sah das nicht so eng. Der "Kronen Zeitung" erzählte er: "Modi will das Bewusstsein der Hindus stärken und hat mit Maßnahmen viele Diskussionen ausgelöst. Was mich ärgert, ist diese Populismuskeule, die jeden Diskurs zerstört."

Bewusstseinsstärkung

Putin will auch nur das Bewusstsein der Russen stärken, was Sobotka die Chance gab, aus dem Gespräch mit dem indischen Außenminister zu profitieren und das von ihm Gelernte an die Leser der "Krone" weiterzugeben. "Ich habe gemerkt, dass wir ein eurozentristisches Bild haben. Das ist notwendig und richtig, aber andere Regionen sehen diesen Krieg anders." Wer hätte das gedacht? Sobotka weiß jedenfalls, wie man sich als Gast zu benehmen hat, und das durfte auch den Leserinnen und Lesern des "Kurier" nicht vorenthalten bleiben. Modi hat sicher das Ziel, das Bewusstsein der Hindus zu stärken, und dabei unter seiner Regierung Maßnahmen erlassen, die zu vielen Diskussionen führen. Wesentlich ist, dass in der Bevölkerung selbst die Menschen unterschiedlicher Religionen aber zumeist gut miteinander umgehen. Was mich ärgert, ist diese Populismuskeule, die jeden Diskurs zerstört. Eine Gesellschaft ändert sich, es gibt immer Pendelbewegungen.

Man kann diese Sicht auf die indische Realität auch Delhirieren nennen und nur hoffen, dass Sobotka wenigstens in spiritueller Hinsicht von seiner Berührung mit dem Hinduismus profitiert hat. Den Sprung aus dem Parlamentsvorsitz direkt ins Nirwana dürfte er diesmal ja nicht schaffen, aber die Ungewissheit, ob man als Hure der Reichen oder als Rotes Gsindl wiedergeboren wird, kann quälend sein. Und es gibt immer Pendelbewegungen.

Wahre Spiritualität mit Matthias Strolz

Zum Glück ist wahre Spiritualität nicht nur in Indien zu finden, sondern auch hierzulande. Neos-Gründer Matthias Strolz wusste davon neulich in der "Krone" ein Lied zu singen. Er, Grenzgänger & prononcierter Sonderling, umarmt Bäume und dichtet über Kastanien. In seinem neuen Buch spricht er mit einer Föhre – über Gott und die Welt.

Da kann auch der Fototermin mit der "Krone" nur im Schatten seines "göttlichen Resonanzbaums" stattfinden. Der hilft ihm bei der Neuordnung des Universums, was eine Kleinigkeit ist im Vergleich zur seinerzeitigen Neuordnung der Liberalen. Nun also die Föhre. Die gemeinsame Mission war es, neben der Kopf- auch die Herz- und Bauchintelligenz von uns "Fleischlingen" zu rehabilitieren. Esoterisches Geschwurbel? "Grober Unfug. Wir müssen raus aus der Sackgasse der seelenlosen Selbstoptimierung."

Teilchenbeschleuniger

Sein Problem liegt auf der Hand. "Angesichts der riesigen Anzahl an Teilchen, aus denen ich zusammengesetzt bin, ist es hochwahrscheinlich, dass in mir Teilchen von einem Tyrannosaurus Rex, Ratten und Affenbrotbäumen ebenso stecken wie Teilchen von Stalin, Marilyn Monroe und Adolf Hitler. Aber auch von Jesus und Lady Gaga.

Man kann den Liberalismus auch zu weit treiben, nicht zuletzt unter Fleischlingen. (Günter Traxler, 26.3.2022)