Die SPD dürfte der CDU den Ministerpräsidenten abspenstig machen.

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Die meiste Zeit ist Olaf Scholz mit dem Krieg Russlands gegen die Ukraine beschäftigt. Und dennoch: Einen Auftritt im Saarland hat sich der deutsche Bundeskanzler nicht nehmen lassen.

Zwar ist das kleinste Flächenland Deutschlands von Berlin ziemlich weit entfernt. Aber die SPD hat die besten Chancen, dort nach der Wahl am Sonntag die neue und nächste Regierungschefin zu stellen.

Ungewählter Ministerpräsident

Und so sprach Scholz im Wahlkampf-Endspurt schon von "Ministerpräsidentin Anke Rehlinger". Auch die 45-jährige Sozialdemokratin lässt durchblicken, dass sie bereits über ihr Kabinett nachdenkt, und sagt: "Verlässlichkeit und Stabilität sind mir wichtig. Das sind meine Kriterien für eine Koalition."

Noch sitzt Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) in Saarbrücken in der Staatskanzlei. Es ist seine erste Wahl als Spitzenkandidat. Bei der letzten Wahl war noch Annegret Kramp-Karrenbauer angetreten und hatte auch gewonnen. Doch dann wechselte sie als CDU-Generalsekretärin nach Berlin, und Hans folgte ihr als Regierungschef nach.

Gute Werte für Rehlinger

SPD-Frau Rehlinger ist stellvertretende Ministerpräsidentin und Wirtschaftsministerin in der großen Saar-Koalition und steht vor der Wahl gut da. Die SPD liegt in allen Umfragen einige Punkte vor der CDU. Auch die persönlichen Umfragewerte sind für Rehlinger deutlich besser als für Hans.

"Die Leute haben gesehen, wer in den letzten Jahren dafür gesorgt hat, dass die Dinge funktionieren", erklärt Rehlinger ihren Bonus. Die ehemalige Kugelstoßerin gilt im kleinen Saarland als patente Kümmerin, Hans hingegen als nicht allzu volksnah. Er selbst beklagt, dass ihn der Corona-Frust der Menschen treffe. Schließlich habe er als Regierungschef oft schlechte Nachrichten zu verkünden gehabt.

Doch Rehlinger und die SPD profitieren auch von der Schwäche der Konkurrenz. Zerstritten ist etwa Die Linke. Es gibt sogar zwei Fraktionen im Landtag: Die Linke und die Saar-Linke. Fraktionschef der Linken ist (noch) Oskar Lafontaine, der die Partei einst mitbegründet hat.

Lafontaine verließ Linke

Doch aus Frust über den Kurs der Bundespartei, die sich seiner Meinung nach nicht genug um arme Menschen kümmert, ist Lafontaine am 17. März aus der Partei ausgetreten. Die Querelen bei der Linken dürften der SPD einige Wählerinnen und Wähler bringen.

Auch viele Grüne an der Saar sind einander nicht grün. Sie stritten so heftig, dass sie es nicht schafften, mit einer eigenen Landesliste in die Bundestagswahl zu ziehen. Derlei war bis dahin in Deutschland noch nie vorgekommen. Auch dies dürfte der SPD nutzen.

Spitzenfrau Rehlinger, die auch Vizechefin der Bundes-SPD ist, kann sich nach der Wahl eine Ampelkoalition mit Grünen und FDP vorstellen, wenn denn alle potenziellen Partner in den Landtag kommen. Sicher ist das weder bei den Grünen noch bei den Liberalen.

Als wahrscheinlichste Variante gilt ein Farbtausch in der Koalition: Nicht mehr Schwarz-Rot, sondern Rot-Schwarz. Die Wahl im Saarland ist die erste nach dem Amtsantritt der Ampel aus SPD, Grünen und FDP auf Bundesebene. (Birgit Baumann aus Berlin, 27.3.2022)