Das ernsthafte Erleben von Kunst ist wichtig. Wichtig ist aber auch, das Musikhören bisweilen mit Genuss zu verbinden. Der "Gemischte Satz" bietet dazu Gelegenheit.

Foto: Julia Wesely

Es wurlt in den Gängen des Konzerthauses. Wein wird kredenzt, strahlende Gesichter führen angeregte Unterhaltungen. Im Foyer werden bunte Schnittblumen verteilt, ein Dirigent (Martin Eberle) leitet über die tratschenden Köpfe des Publikums hinweg ein Ensemble. In den Mozart-Saal zieht mit swingenden Klängen eine Blasmusik ein. Karl Markovics liest, Florian Boesch singt. Im Großen Saal erhebt sich hinter den Musizierenden ein skulpturales Blasinstrument (von Constantin Luser), mithilfe dessen sich final ein kollektiver Klangrausch ereignet … Wenn man den Trailer sieht, den das Konzerthaus über den 2016er-Jahrgang des Festivals Gemischter Satz ins Netz gestellt hat, denkt man sich zuerst einmal: wow. Und danach: Da muss man unbedingt hin.

Wie gut, dass das von Andreas Schett organisierte Festival bald wieder stattfindet: Mitte Mai ist es so weit. Da wird sich das Festival für Musik, Literatur, Kunst und Wein wieder über (fast) alle Säle und Foyers des altehrwürdigen Konzerthauses ergießen, als frohes, freies Gesamtkunstwerk, bei dem einzig das starre Schubladendenken keinen Zutritt hat. Am 13. 5. wird es im Mozart-Saal einen dreiteiligen Auftakt geben, bei dem sich die Künstlerinnen und Künstler wie Dörte Lyssewski, Anna Mabo, das Quatuor Van Kuijk, Florian Bösch, Pianist Denis Kozhukhin und natürlich auch Schetts Formation Franui schon einmal einstimmen, warmspielen und -lesen.

Beim Festival auch dabei: Kunstpfeifer und bekannter Puppenspieler Nikolaus Habjan.
Foto: Lupi Spuma

Und am 14. 5. geht es dann richtig los. Nach einem Prolog mit dem Arnold Schönberg Chor im großen Foyer folgen im Großen Saal, im Mozart-Saal und im Berio-Saal die Simultankonzerte. Die dauern etwa 40 Minuten und werden jeweils dreimal en suite gegeben. Zu den Protagonisten des Vorabends kommen hier noch Künstler wie die Cellistin Julia Hagen, der Kunstpfeifer und Puppenspieler Nikolaus Habjan und Schauspieler Michael Dangl dazu. Dazwischen wird flaniert, diskutiert und konsumiert – zum Beispiel die Gemischten Sätze, die sechs Wiener Winzer ausschenken.

Aber auch auf den Gängen und in den Foyers gibt es noch Musik zu hören, von der Sängerin Golnar Shahyar, dem Zitherspieler Karl Stirner oder dem Ensemble Synesthetic4. Gegen 22 Uhr wird dann zum großen Finale in den Großen Saal geladen. Wie ist die Idee zu diesem bunten Miteinander der Künste und des Gekelterten entstanden?

Andreas Schett hat das Fest organisiert und wird auch mit der Formation Franui zu hören sein.
Foto: imago

Natürlich beim Weintrinken, erzählt Andreas Schett. Man hätte sich in feucht-fröhlicher Runde zuerst einmal am Begriff "Gemischter Satz" erfreut: Wie schön das klänge! Ob es nicht auch in der Kunst möglich wäre, disparate Elemente zu Neuem zu verbinden? Das müsste man doch ausprobieren. Das fand auch Matthias Naske, der Schetts Idee unterstützte und ihm das Konzerthaus für die Verwirklichung seiner Pläne anbot. 2015 ging das Festival Gemischter Satz hier erstmals über die Bühne.

So intensiv wie poetisch: Sängerin und Komponistin Anna Mabo bereichert das Festival.
Foto: Stephan Mussil

Programmplanerisch gilt das Lotto-Motto: Alles ist möglich. Auf eine Neukomposition für Blockflöte könne ein Bach-Choral und dann ein Enzensberger-Gedicht über ein Schubert-Lied folgen, erklärt Schett. Oder ein Popsong über eine Ligeti-Etüde. Für die Musikauswahl ist der Franui-Kopf Schett zuständig, fürs Gesprochene Journalist Christian Seiler. Bei den Texten können Interviews, Reportagen, Lyrik und auch Kochrezepte dabei sein, meint Schett schmunzelnd.

Was vor Ort entstand

Sind die dramaturgischen Abläufe im Vorfeld recht genau geplant, bieten sich bei den Vorproben am Tag des Konzerts Zeit und Raum für Experimente. Für einen Gemischten Satz, erklärt der Osttiroler, müssten alle Rebsorten im gleichen Weingarten gewachsen, gekeltert und eingelagert worden sein. Und auch beim Festival wird nur zu Gehör gebracht, was vor Ort entstanden ist. In diesem Jahrgang erwartet sich Schett von der Koppelung der Jazzformation Synesthetic4 und dem Quatuor Van Kuijk Interessantes. Zusätzlich zum Miteinander von Musik und Text wird die Künstlerin Flora N. Galowitz mit Interventionen die Wahrnehmungsmuster des Publikums zu verändern versuchen. Die Bedingungen sind also gut, dass der Gemischte Satz 2022 ein exzellenter Jahrgang wird. (Stefan Ender, 26.3.2022)