Gasriesen, Eisplaneten, Wasserwelten, Supererden, Felsplaneten: Die Liste der bekannten Exoplaneten wird immer länger – und bunter.
Illustration: Nasa/JPL-Caltech

Genau 30 Jahre ist es her, da sorgten Aleksander Wolszczan und Dale Frail für gehöriges Aufsehen in der astronomischen Fachwelt. Das polnisch-kanadische Forscherduo berichtete Anfang 1992 im Fachblatt Nature von Hinweisen auf zwei Planeten, die um einen rotierenden Neutronenstern kreisen – 2300 Lichtjahre von der Erde entfernt. Die Veröffentlichung stieß auf enormes Interesse, aber auch auf Vorsicht und Zweifel: Damals waren nur neun Planeten bekannt – jene des Sonnensystems. Ob es auch anderswo Welten geben könnte, war noch offen.

Inzwischen ist "unser" System auf acht Objekte geschrumpft, weil dem kleinen Pluto 2006 der Planetenstatus entzogen wurde. Der erste Exoplanetfund ist hingegen längst anerkannt, Wolszczan und Frail gelten als erste Entdecker extrasolarer Planeten, kurz Exoplaneten. Sie haben das Fenster zu einem Forschungsfeld aufgestoßen, das in den vergangenen Jahren regelrecht explodiert ist und diese Woche einen Meilenstein hinter sich gelassen hat: Die US-Weltraumbehörde Nasa bestätigte den Exoplanetenfund Nummer 5000, genau genommen sind inzwischen sogar 5005 Exowelten bekannt.

Exotische Planeten

Darunter sind heiße Gasriesen und Eiswelten, erdähnliche Planeten und Objekte, die gleich zwei Sterne umkreisen. Die stattliche Planetenliste führt auch vor Augen, dass fremde Planetensysteme ganz anders aussehen können, als wir es gewohnt sind. Statistische Berechnungen lassen zudem annehmen, dass es eine schier unbegreifliche Anzahl an fernen Welten gibt – allein in unserer Galaxie könnten es hunderte Milliarden sein.

Exoplaneten-Pionier Wolszczan erklärte das kürzlich in einer Nasa-Aussendung so: "Wenn man Planeten um einen Neutronenstern finden kann, muss es praktisch überall Planeten geben." Neutronensterne sind extrem komprimierte Überreste von massereichen Sternen am Ende von deren Entwicklung. Diese kugelförmigen Objekte haben meist Durchmesser von nur einem Dutzend Kilometern, kommen dabei aber auf bis zu zwei Sonnenmassen. Ein Planetensystem rund um einen Neutronenstern hat wenig Gemeinsamkeiten mit unserem eigenen.

1995 entdeckten die Schweizer Astronomen Michel Mayor und Didier Queloz erstmals einen Exoplaneten, der um einen sonnenähnlichen Stern kreist. Jahre später wurden sie dafür mit dem Physiknobelpreis ausgezeichnet. Doch auch dieser rund 50 Lichtjahre von uns entfernte Planet, genannt 51 Pegasi b, ist aus irdischer Perspektive ungewöhnlich: Der Gasriese ist dem Jupiter zwar ähnlich, befindet sich aber auf einem sehr engen Orbit um seinen Stern. Ein Jahr auf diesem Planeten dauert nur 4,2 Tage, seine Oberflächentemperatur dürfte an die 1000 Grad Celsius betragen.

Bewohnbare Supererden

Es geht noch viel extremer. Der rund 650 Lichtjahre von der Erde entfernte Planet Kelt-9b, ebenfalls ein Gasriese, braucht für eine vollständige Umrundung seines Sterns nur 36 Stunden – und bekommt auf seiner Tagseite derart viel Strahlung ab, dass er Temperaturen von mehr als 4000 Grad Celsius erreicht. Nach Leben braucht man auf einer solchen Höllenwelt nicht zu suchen.

Für die Exobiologie gibt es ohnehin weitaus interessantere Kandidaten. Rund vier Prozent der bisher bekannten Exoplaneten gelten als erdähnlich, sie besitzen eine feste Oberfläche und sind vergleichbar groß wie unser Heimatplanet. Im passenden Abstand zu ihrem Stern könnte es flüssiges Wasser auf ihnen geben, und die Entstehung einer lebensfreundlichen Atmosphäre wäre denkbar – beides sind wichtige Voraussetzungen für Leben, wie wir es kennen.

Grafik: Nasa/Adobe. Stock/tsuneomp/Der Standard

Viel häufiger und ebenfalls potenzielle Kandidaten für die Suche nach Leben sind die sogenannten Supererden, die ebenfalls Gesteinsplaneten sind, aber deutlich größer als die Erde. Manche Astronominnen und Astronomen nehmen sogar an, dass auf einigen Supererden unter den richtigen Voraussetzungen bessere Lebensbedingungen herrschen könnten als auf unserem Planeten.

Chemie des Lebens

"Meiner Meinung nach ist es unvermeidlich, dass wir irgendwo eine Art von Leben finden werden, höchstwahrscheinlich einfaches Leben", sagte Wolszczan. Die enge Verbindung zwischen der Chemie des Lebens auf der Erde und der Chemie im Universum sowie die Entdeckung weitverbreiteter organischer Moleküle lege nahe, dass die Entdeckung von außerirdischem Leben nur eine Frage der Zeit sei.

Doch wie lassen sich Planeten überhaupt finden und erforschen, die um andere Sterne kreisen und naturgemäß sehr weit weg von uns sind? Die meisten wurden mithilfe der Transitmethode entdeckt. Dabei wird nach minimalen, regelmäßigen Helligkeitsschwankungen gefahndet, die entstehen, wenn ein Planet vor einem Stern vorbeizieht.

NASA Jet Propulsion Laboratory

Atmosphärische Fahndung

Bei der Suche kommt vor allem Weltraumteleskopen eine entscheidende Rolle zu, also Instrumenten, die außerhalb der störenden Erdatmosphäre ihrer Arbeit nachgehen. Der Rekordhalter ist dabei Kepler, ein Teleskop der Nasa, das bis 2018 in Betrieb war: Rund 2700 ferne Planeten wurden allein mit diesem Instrument aufgespürt.

Große Hoffnungen setzen Forschende in das im Dezember gestartete James-Webb-Weltraumteleskop: Mit diesem Instrument könnte es gelingen, die Atmosphären von Exoplaneten genauer zu untersuchen. Das wäre der nächste große Schritt zur Beantwortung der Frage, ob ein ferner Planet tatsächlich lebensfreundlich ist – und vielleicht sogar bewohnt wird.

Aleksander Wolszczan sieht die Exoplanetenforschung 30 Jahre nach seiner Entdeckung in eine Phase angekommen, die über das bloße Hinzufügen neuer Planeten auf der Liste hinausgeht: "Wir eröffnen eine neue Ära der Entdeckung." (David Rennert, 26.3.2022)