Die Gemeine Vampirfledermaus hat ein breites Opferspektrum, auch Menschen werden hin und wieder gebissen.
Foto: Brock Fenton

Die Vampirfledermäuse machen ihrem Namen alle Ehre. Sie sind die einzige Säugetiere, die sich ausschließlich von Blut ernähren. Die drei Vampirfledermausarten haben sich auf unterschiedliche Opfer spezialisiert, ihre unfreiwilligen Blutspender reichen von kleinen Vögeln bis zu großen Säugetieren wie Kühen und Pferden. Gelegentlich werden auch Menschen angezapft – ein Risiko dafür besteht aber ausschließlich auf den amerikanischen Kontinenten.

Doch wie kommen die Tiere mit dieser einseitigen Ernährung überhaupt zurecht? Blut enthält zwar viel Protein, Zucker und Fett fehlen jedoch weitestgehend. Eine Analyse des Genoms der Gemeinen Vampirfledermaus (Desmodus rotundus) brachte nun neue Einblicke in die Evolution ihrer Ernährungsweise und anderer Fähigkeiten dieser einzigartigen Tiere.

Gendefekt senkt Insulinproduktion

Wie ein internationales Forschungsteam im Fachblatt "Science Advances" berichtet, fehlen der Vampirfledermaus dreizehn Gene, die andere Fledermausarten besitzen. Die DNA-Abschnitte dieser Gene sind zwar noch vorhanden, die Gene sind aber durch Mutationen zerstört und funktionslos geworden. Der Vergleich mit 26 anderen Fledermausarten zeigte, dass diese Veränderung eine Rolle bei Anpassungen an die blutige Ernährung der Vampire spielt.

Der Fressvorgang der Vampire dauert etwa 30 Minuten, dabei werden 20 bis 30 Milliliter Blut gesaugt.
Foto: Brock Fenton

Zwei der defekten Gene sind in anderen Fledermäusen für die Ausschüttung des blutzuckerregulierenden Hormons Insulin verantwortlich. Vampirfledermäuse hingegen bilden nur sehr wenig Insulin und haben diese beiden Gene offenbar verloren, weil ihre blutige Nahrung nur wenig Zucker enthält. Während Blut zwar arm an Kohlenhydraten und Fetten ist, stellt der hohe Eisenanteil eine andere Herausforderung dar: Vampirfledermäuse nehmen durchschnittlich etwa 800-mal mehr Eisen zu sich als ein Mensch.

Eisenhaushalt im Griff

Wie die Studie enthüllt, ist bei Vampirfledermäusen ein Gen defekt, das normalerweise den Transport von Eisen aus dem Blutkreislauf in die Zellen der Darminnenwand hemmt. Der Verlust dieses Gens trägt offenbar dazu bei, dass sich überschüssiges Eisen in den Darmzellen anreichern kann. Da diese kurzlebigen Zellen – und mit ihnen das aufgenommene Eisen – ständig aus dem Körper ausgeschieden werden, können die Vampirfledermäuse so ihren Eisenhaushalt regulieren. "Wir gehen davon aus, dass der evolutionäre Verlust dieses Gens wahrscheinlich eine Anpassung an die eisenhaltige Blut-Nahrung ist", sagte Moritz Blumer vom Max-Planck-Institut für Molekulare Zellbiologie und Genetik in Dresden, der Erstautor der Studie.

Der Verlust eines weiteren Gens könnte wiederum die Evolution kognitiver Fähigkeiten der Vampirfledermäuse beeinflusst haben, vermuten Blumer und sein Team. So ist auch ein Fledermaus-Gen defekt, das normalerweise im Gehirn ein Stoffwechselprodukt abbaut, das sich auf die kognitive Leistungsfähigkeit und das Sozialverhalten auswirkt. Eine höhere Konzentration dieses Stoffwechselprodukts kann Gedächtnis, Lernfähigkeit und soziales Verhalten fördern, wie mehrere Studien an anderen Säugetieren nahelegen.

Gemeinschaftlicher Umtrunk

Vampirfledermäuse haben im Vergleich zu anderen Fledermausarten ein außergewöhnliches Gedächtnis und Sozialverhalten. So stillen sie ihren Blutdurst gerne in Gesellschaft und teilen erbeutetes Blut mit Artgenossen, und zwar bevorzugt mit Tieren, die ihnen in der Vergangenheit ebenfalls geholfen haben. Diese Fähigkeit erfordere ein sehr gutes soziales Langzeitgedächtnis, betonen die Forschenden. (red, 26.3.2022)