Wien – Wer diesen Job bekommt, entscheidet künftig über 57 Millionen Euro Medienförderungen pro Jahr – heuer sogar fast 91 Millionen Euro: Das Bundeskanzleramt hat am Samstag im Amtsblatt der "Wiener Zeitung" die Geschäftsführung der RTR für den Medienbereich ausgeschrieben.

Die Anforderungen unterscheiden sich in Details von jenen, mit denen Oliver Stribl die Funktion 2017 erhielt. Stribl leitete zuvor lange den Presse- und Informationsdienst der Stadt Wien, danach kurz den Manstein-Fachverlag. Nun wechselt er von der RTR in die Geschäftsführung der Wien Holding und damit wieder zurück in den Einflussbereich der Bundeshauptstadt. Zur Wien Holding gehört etwa auch der private TV-Sender W24.

Susanne Raab (ÖVP), Medienministerin im Kanzleramt, sucht eine Geschäftsführerin oder einen Geschäftsführer mit "einschlägiger Berufserfahrung in leitender Funktion in der öffentlichen Verwaltung oder in einem zumindest mittelständischen Unternehmen".

2017 verlangte die Ausschreibung des damaligen Medienministers Thomas Drozda (SPÖ) "einschlägige Berufserfahrung in leitender Funktion in der öffentlichen Verwaltung und allenfalls auch in einem zumindest mittelständischen Unternehmen". Damals war Führungserfahrung in der öffentlichen Verwaltung also erforderlich, diesmal sollte solche in einem Unternehmen reichen".

Namen über Namen

Ein Verein ist nicht als Möglichkeit aufgeführt – so ist die Österreich Werbung organisiert, die Petra Stolba bis 2021 führte. Sie wird immer wieder als mögliche Kandidatin für die RTR genannt, zeigte sich aber vor wenigen Tagen überrascht über die STANDARD-Anfrage, ob sie sich bewerben wolle. Sie widme sich dem Consulting im Tourismus. Stolba war vor der ÖW schon Abteilungsleiterin im Wirtschaftsministerium.

Recht häufig wird in der Branche auch die Geschäftsführerin der Österreichischen Auflagenkontrolle (ÖAK) als mögliche Kandidatin für die RTR genannt. Alexandra Beier-Cizek äußerte sich bisher inhaltlich nicht auf eine STANDARD-Anfrage über diese Möglichkeit.

Sehr verwundert zeigte sich Kristina Rausch über die STANDARD-Anfrage, dass auch ihr Name schon als angebliche Möglichkeit für die RTR-Geschäftsführung auftauchte. Social-Media-Expertin Rausch war Vize-Kabinettchefin im Kanzleramt und ist gerade in eine Führungsfunktion zur Agentur Campaigning Bureau gewechselt. Das, winkt sie auf Anfrage ab, sei nicht ihre Welt.

Als mögliche – aber sehr unterschiedlich wahrscheinliche – Bewerber für die Funktion wurden etwa auch schon Wolfgang Struber (Radio Arabella), Sebastian Loudon ("Datum", "Die Zeit", war 2017 nach Hearing für die RTR erstgereiht), Matthias Settele (TV Markiza) kolportiert. Gerhard Riedler (RMA, zuvor Red Bull Media House, Mediaprint, IP Österreich) winkt ab wie auch Eva Weissenberger (Wirtschaftskammer) oder Christine Lackner (ORF), deren Namen ebenfalls schon durch die Branche spekuliert wurden. Auch die Geschäftsführerin des Privatsenderverbandes VÖP, Corinna Drumm, die sich 2017 um die Funktion beworben hat, hat zuletzt abgewunken.

2022 90,5 Millionen Medienförderung

Die Geschäftsführerin oder der Geschäftsführer für den Medienbereich der RTR entscheidet über die Vergabe einer Reihe von Medienförderungen:

  • 20 Millionen Euro pro Jahr für kommerzielle Privatsender
  • 3 Millionen Euro für nicht kommerzielle Privatsender
  • 20 Millionen Euro Digitaltransformationsförderung für klassische Medienhäuser, 2022 zum Start sogar 54 Millionen Euro
  • 13,5 Millionen Euro für TV-Produktionen (Serien, Filme, Dokumentationen)

8,9 Millionen Euro Presseförderung sowie rund 340.000 Euro Publizistikförderung vergibt die unabhängige Medienbehörde KommAustria (deren fünf Mitglieder ebenfalls 2022 turnusmäßig bestellt werden).

Im Einkommensbericht des Rechnungshofs, publiziert Ende 2021, finden sich Daten über die Medienförderstelle RTR. Die beiden Geschäftsführer der RTR – einer für Medien, einer für den Telekombereich – kommen im Schnitt laut Rechnungshof auf 170.800 Euro inklusive Sozial- und Sachleistungen.

Bewerbungsunterlagen sollten binnen eines Monats beim Bundeskanzleramt einlangen, die Samstag veröffentlichte Ausschreibung (unten) ist mit 24. März datiert. Die Nachfolgerin oder der Nachfolger von Oliver Stribl sollen ihre mit fünf Jahren befristete Funktion "ehestmöglich" antreten. (fid, 26.3.2021)