Will Smith und Jada Pinkett Smith.

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Chris Rock eine auflegen zu wollen – diesen Impuls hatte Will Smith wohl nicht als Erster. Der Comedian würde seinen Job nicht besonders gut machen, wenn er diese Reaktion nicht befeuern würde. Dabei kann man sich aber auch verkalkulieren. Sich über eine Krankheit lustig zu machen ist letztklassig. Jada Pinkett Smiths Reaktion auf den untergriffigen Witz über ihren Haarausfall – ein ordentliches Augenrollen – machte das deutlich. Auch im Publikum blieb einigen das Lachen im Hals stecken. Und wäre nicht passiert, was dann passiert ist, wäre ein Internet-Mob in den folgenden Stunden und Tagen wohl zu Recht auf Rock losgegangen.

Aber da kam ein Mann und nahm die Dinge selbst in die Hand – ein Mann, der auszog, um aus einem Ehrbegriff heraus, der leider allgegenwärtig ist, obwohl er ins Mittelalter gehört, nichts als schlagende Argumente zu liefern. Da tut das Hinschauen weh, weniger wegen der Watschn, sondern mehr aus Fremdscham. Kann man so was nicht anders klären? Hätte es ein lautes und deutliches "Sich über eine Autoimmunkrankheit lustig machen ist zum Speiben" nicht auch getan? Hätte es das nicht deutlich besser getan, weil es ein Statement gewesen wäre, bei dem es um die Sache an sich gegangen wäre, nicht nur darum, die eigene Frau zu verteidigen?

Rechtfertigung statt Entschuldigung

Dass es menschlich und nachvollziehbar ist, dass die Emotionen Will Smith übermannt haben, macht es nicht weniger falsch.

Als der Schauspieler nach einer kurzen Abkühlphase dann seine Trophäe entgegennahm, folgte keine Entschuldigung für sein dämliches Verhalten, sondern nur eine Rechtfertigung: Auch der Charakter, den er im Film, für den er ausgezeichnet wurde, darstellt, sei ein "fierce defender of his family", ein leidenschaftlicher Verteidiger seiner Familie gewesen. Will Smith sei überwältigt davon, was Gott von ihm zu tun verlange, nämlich Menschen zu beschützen.

Es stellt sich die Frage, wer die Menschen vor Will Smith beschützt. Die Academy, die die Show weiterlaufen ließ, als wäre nichts gewesen, jedenfalls nicht. Damit normalisiert sie Gewalt. (Amira Ben Saoud, 28.3.2022)