Versuchte, sich staatstragend in Stellung zu bringen: SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner.

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Pamela Rendi-Wagner will die SPÖ als Spitzenkandidatin in die nächste Wahl führen – und Kanzlerin werden. Das ist zwar hinlänglich bekannt, wurde aber am vergangenen Sonntag so inszeniert, als wäre sie es längst. Rendi-Wagner versammelte von Franz Vranitzky bis Christian Kern alle ehemaligen sozialdemokratischen Regierungschefs der vergangenen Jahre hinter sich und spannte den Bogen in ihrer Rede vom Ukraine-Krieg bis zu roten Forderungen einer Vermögenssteuer oder tausenden Kinderbetreuungs- und Ganztagsschulplätzen, die sie als Kanzlerin schaffen möchte.

Der beinahe schon feierlich angelegte Auftritt wirkte aber auch wie eine Ansage an ihren größten Kontrahenten um die Parteiführung, als wollte sie Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil ausrichten: Das war's für dich. Doch ist das so?

"Alles andere haben die Leute satt"

Die rote Manöverkritik fällt mitunter unterschiedlich aus. Manch ein Funktionär hat die Rede gar nicht gesehen. Dann gibt es jene, die darin einen guten Auftakt dafür erkennen, sich als stabilen Faktor zu den türkis-grünen Problemlagen zu positionieren – zuletzt etwa inkriminierende Chats und ein chaotisches Corona-Management. Man habe sich als Alternative dazu angeboten, die nicht nur ankündigt, sondern auch umsetzen möchte. "Alles andere haben die Leute satt", erklärt ein Genosse. Das Gesagte müsse nun aber mit Leben erfüllt werden, was in der Vergangenheit nicht immer der Fall gewesen sei.

Der ein oder andere vermisst bei Rendi-Wagner aber nach wie vor den roten Faden. Aus Sicht jener zählte ihre Parteichefin vor allem viele Überschriften auf, an die sich in wenigen Tagen niemand mehr erinnern werde. Übrigbleibe, dass sie Kanzlerin werden möchte. Der sonntägliche Auftritt hätte so gesehen nach mehr Dramaturgie verlangt, wird eingeworfen. Als Beispiel zieht man Kerns Auftritt aus dem Jahr 2017 heran, als der ehemalige Kanzler in Wels mit dem "Plan A" seine gesamtgesellschaftliche Sicht auf 146 Seiten präsentierte. Dass Rendi-Wagner nach ihrer Rede die Einladung für die "ZiB 2" am Sonntag ausschlug und stattdessen der Politikexperte Peter Filzmaier darüber sprach, wird auch nicht so recht verstanden.

Rotes Umfrage-Duell

Bleibt die Frage, ob Rendi-Wagner ihrem burgenländischen Parteigenossen Doskozil bezüglich Parteivorsitz nun endgültig die Grenzen aufgezeigt habe. "Ob sich die Sache erledigt hat, entscheidet weniger der Bund, sondern in erster Linie das Burgenland", sagt ein roter Parteifunktionär. Allerdings sehe eine jüngere Umfrage die SPÖ derzeit weit vor der türkisen Kanzlerpartei – wenn auch mit hoher Schwankungsbreite. Daher sei eine Personaldebatte intern derzeit auch kein Thema, wird beteuert. Doskozil hat sich bis heute dazu auch nie öffentlich bekannt.

Andere glauben sehr wohl noch an einen Showdown vor der nächsten Nationalratswahl, die regulär erst 2024 stattfinden wird. Dann werde sich entscheiden, wer die SPÖ schlussendlich anführen werde. Auch jene Gruppe führt eine Umfrage ins Treffen, in der Wiens Bürgermeister Michael Ludwig weit vor Doskozil und Rendi-Wagner als geeigneterer Spitzenkandidaten der Sozialdemokratie gesehen wird. Doch Ludwig ließ bisher keinerlei Bestrebung in diese Richtung erkennen. (Jan Michael Marchart, 28.3.2022)