Bild nicht mehr verfügbar.
Der russische Oligarch Roman Abramowitsch, soll im Russland-Ukraine-Krieg vermitteln.
Die Ukraine hat am Montagabend einen Bericht des "Wall Street Journal" zurückgewiesen, wonach der russische Oligarch Roman Abramowitsch und mindestens zwei Gesandte des ukrainischen Verhandlungsteams nach einem Treffen Vergiftungssymptome zeigten. Auch US-Geheimdienste gehen nicht von einem Giftanschlag aus: Die Symptome seien demnach auf "Umweltfaktoren" zurückzuführen, und "nicht auf eine Vergiftung", sagte ein anonymer US-Vertreter zu Reuters.
Zuvor hatten das "Wall Street Journal" und die Rechercheplattform Bellingcat unter Berufung auf anonyme Quellen berichtet, dass Abramowitsch, der mit ukrainischer und russischer Erlaubnis zwischen Moskau, Lemberg und anderen Verhandlungsorten hin und her pendeln soll, sowie zwei ukrainische Verhandler nach einem Treffen am 3. März folgende Symptome zeigten: rote Augen, schmerzhaftes Tränen und sich schälende Haut im Gesicht und auf den Händen. Bellingcat sprach von drei Betroffenen auf der ukrainischen Seite. Nach Informationen des "Guardian" sei Abramowitsch gar für einige Stunden vorübergehend erblindet und dann in der Türkei behandelt worden.
Der ukrainische Chefverhandler wies den Bericht des "Wall Street Journal" allerdings noch am Montagabend als falsch zurück. Alle Mitglieder der Verhandlungsgruppen würden normal arbeiten, sagte Mychajlo Podoljak. Er fügte hinzu: "Im Informationsbereich gibt es gerade viele Spekulationen, unterschiedliche Verschwörungsversionen und Elemente des einen oder anderen Informationsspiels". Der Kreml hat den Bericht bislang noch nicht kommentiert.
Abramowitsch auf Vermittungsmission
Ein Sprecher Abramowitschs hatte zwar die Symptome bestätigt, aber keine Angabe zu den Ursachen gemacht. Der Milliardär mit guten Verbindungen zu dem russischen Präsidenten Wladimir Putin vermittelt offenbar schon seit Wochen auf höchster Ebene zwischen Kiew und Moskau. Nach Angaben der "Financial Times" hatte Putin Abramowitsch höchstpersönlich zu Kriegsbeginn mit der Vermittlung beauftragt. Der Kreml hat bislang nur bestätigt, dass der Oligarch eine frühe Rolle in den Friedensgesprächen gespielt habe, inzwischen lägen diese aber in den Händen der Verhandlungsteams.
Ein aktueller Bericht der britischen "The Times" widerspricht der Kreml-Darstellung: Abramowitsch sei am vergangenen Mittwoch von Istanbul nach Moskau geflogen, um Putin eine handgeschriebene Notiz von dem ukrainischen Präsident Wolodymyr Selenskyj zu geben. Putins Antwort soll Abramowitsch den Ukrainern demnach noch am selben Tag überbracht haben. Am Dienstag sollen in der Türkei offiziell die Vermittlungen starten.
Warum ausgerechnet Abramowitsch eine Vermittlerrolle spielt, ist unklar. Selenskyj hat zwei mutmaßliche Treffen mit dem russischen Oligarchen bisher nicht bestätigt. Aussagen von Personen aus dem Umfeld Selenskyjs deuten daraufhin, dass die jüdischen Wurzeln der beiden sie an den gleichen Tisch gebracht hätten. Spekuliert wird auch, dass Abramowitsch sich von seinem Engagement erhoffen könnte, von weiteren Sanktionen verschont zu bleiben.
In die EU darf der russische Multimilliardär offiziell etwa nicht mehr einreisen: Der bisherige Eigentümer des britischen Fußballclubs FC Chelsea gehört seit Mitte März zu denjenigen Personen, gegen die wegen des russischen Einmarschs in der Ukraine EU-Strafmaßnahmen gelten. Auch von Großbritannien wurde Abramowitsch mit Sanktionen belegt – nicht aber von den USA. Mehreren Medienberichteten zufolge habe Selenskyj den US-Präsidenten Joe Biden gebeten, den Oligarchen von den Sanktionen auszunehmen, weil er eine wichtige Vermittlerrolle einnehmen könnte. (Flora Mory, 28.3.2022)