
Geht es nach der EU, müssen Messenger wie Whatsapp und Signal künftig die Bilder ihrer Nutzer überprüfen.
Die Pläne der EU-Kommission für die sogenannte Chatkontrolle sind nicht nur umstritten, die dafür Verantwortlichen dürften auch ernsthafte Probleme damit haben, einen rechtskonformen Entwurf hinzubekommen. Wie Erich Möchel für FM4 berichtet, wurde die EU-Verordnung zur Unterwanderung von verschlüsselten Chats nun zum wiederholten Male verschoben.
Zeitplan
Eigentlich hätte die EU-Kommission bereits Ende März einen Entwurf für die entsprechende Verordnung präsentieren sollen. Daraus wird aber nichts, als neuer Termin wird nun Ende April genannt – doch auch dieser Termin erscheint gewagt, wie Möchel betont.
Grund dafür ist offenbar jene Kritik des Ausschusses für Regulierungskontrolle, über die der STANDARD bereits vor einigen Tagen berichtet hat. In dem internen, aber durchgesickerten Bericht wird, freundlich formuliert, vernichtende Kritik an den Plänen geäußert. Das Kernstück: Es sei derzeit vollständig unklar, wie die von der EU anvisierten Pläne mit geltenden EU-Gesetzen gegen massenhafte Überwachung kompatibel sein sollen.
Hintergrund
Offizielle Zielsetzung der Verordnung ist es, die Verbreitung von Bildern sexuellen Missbrauchs von Kindern zu verhindern. Das sei durch die Zunahme von Ende-zu-Ende-verschlüsselten Messengern schwieriger geworden, da hier auch die Betreiber keinerlei Einblick haben. Insofern sucht die EU nun nach Alternativen, um auf solche Chats Zugriff zu bekommen.
Die favorisierte Variante scheint dabei derzeit das sogenannte Client Side Scanning zu sein. Das heißt, dass die App-Betreiber selbst nach entsprechenden Inhalten suchen und Treffer dann melden sollen. Damit schützt dann auch die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung nicht mehr, die erst beim Versenden zum Einsatz kommt.
Massenüberwachung?
Es handelt sich dabei um einen Ansatz, der schon im Vorjahr, als Apple ein ähnliches System auf seinen iPhones einführen wollte, für scharfen Widerstand von Sicherheitsexperten und Bürgerrechtsorganisationen sorgte. Diese weisen darauf hin, dass damit prinzipiell nach allen möglichen Bildern gesucht werden könnte – hier also eine Art System zur Massenüberwachung etabliert wird.
Während bei den technischen Fragen – und jenen der Legalität – noch viel offen ist, gibt es zumindest neue Details dazu, wer die Verwaltung des Systems und die Prüfung der Bilder übernehmen soll. Demnach soll ein eigenes EU-Zentrum gegen Kindesmissbrauch aufgebaut werden, das sich dann um all diese Aufgaben kümmern soll. Zuvor stand im Raum, dass diese Aufgabe ebenfalls den Messenger-Betreibern aufgebürdet werden soll, das scheint nun nicht mehr zur Debatte zu stehen. (Andreas Proschofsky, 29.3.2022)