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Auch die Websites von RT wurden in Österreich gesperrt – zumindest von Magenta und "3".

Foto: Reuters/DADO RUVIC

Nach anhaltender Kritik hatte Magenta Ende Februar das TV-Angebot von RT – vormals Russia Today – aus dem Programm genommen. Auf Basis einer EU-Vorgabe stoppte Anfang März auch A1 die Ausstrahlung des russischen TV-Senders, in der Senderliste von "3" TV ist RT ebenfalls nicht zu finden. Schritte, die von Politikern und Medienvertretern europaweit gutgeheißen wurden – gilt der russische Sender doch als Hilfsmittel der russischen Desinformation, nicht zuletzt im Rahmen des aktuellen Krieges. Kritische Stimmen wiederum sehen die Sperren als eine Gefahr für die Meinungsfreiheit.

Doch wie verfährt man in Österreich mit den Internetauftritten des Medienhauses, die unter anderem über die URLs rt.com und de.rt.com verfügbar sind? Hier verfolgen die Anbieter unterschiedliche Ansätze, für die RTR, also die Geschäftsstelle der Regulierungsbehörde KommAustria, ist die Sachlage hingegen eindeutig.

"3" und Magenta sperren rt.com

So verweist man seitens von "3" darauf, dass im Zuge des aktuellen EU-Beschlusses das Senden und Verbreiten sämtlicher Inhalte bestimmter russischer Medienunternehmen verboten ist. Diesen Beschluss habe man netzseitig umgesetzt und die darin definierten Seiten russischer Medienunternehmen somit gesperrt.

Auch bei Magenta betont man, dass die Sperre bereits in Kraft sei und dass Kunden beim Aufrufen der gesperrten Websites auf eine eigens eingerichtete Infoseite weitergeleitet werden. Dass diese Infoseite nicht bei jedem Abruf sichtbar ist, hat technische Gründe: Das SSL-Zertifikat von rt.com verhindert ein Weiterleiten auf Drittseiten, stattdessen bekommen Userinnen und User eine Fehlermeldung zu sehen. Es werden also die Blockierer blockiert – auf jeden Fall wird aber der Inhalt des russischen Mediums nicht angezeigt.

Wohlgemerkt handelt es sich dabei aber nicht um IP-, sondern um DNS-Sperren, diese Entscheidung wurde laut Magenta nach Rücksprache mit dem Regulator getroffen. Mit entsprechenden DNS-Einstellungen lassen sich die Sperren also umgehen, was innerhalb der Web-STANDARD-Redaktion und auch bei einigen Testsurfern der Fall war.

A1 beruft sich auf Netzneutralität

Anders gestaltet sich die Situation beim Marktführer A1: Hier sind die besagten Websites noch frei verfügbar. Gegenüber dem STANDARD heißt es als Begründung seitens des Unternehmens, dass jede Netzsperre einen Eingriff in die Grundrechte – auch unbeteiligter Dritter – darstelle, da sie unter anderem das Grundprinzip der Netzneutralität berühre. Netzsperren würden vor nationalen Behörden zu nachgelagerten Verfahren wegen Nichteinhaltung der Netzneutralität führen.

Die Netzneutralität sieht in Österreich ein "grundsätzliches Sperrverbot von Websites vor". Eine zulässige Ausnahme davon wäre eine Sperre, die aufgrund einer hoheitlichen Maßnahme – also eines Urteils oder eines Bescheids – geboten wäre. Ein prominentes Beispiel aus der Vergangenheit ist die Anordnung an die heimischen Provider, Filesharing-Websites wie Piratebay zu blockieren.

RTR sieht klaren Sachverhalt

Bei der RTR sieht man genau diesen Sachverhalt gegeben: In puncto Netzneutralität sieht ein Passus vor, dass diese durch andere Verordnungen und Gesetze außer Kraft gesetzt werden kann – und ebendieser Umstand gilt im Fall der aktuellen EU-Verordnung, heißt es dort auf Anfrage des STANDARD: Die Berufung des Marktführers auf die Netzneutralität sei somit falsch.

Hier wiederum wird seitens von A1 gekontert: Es gebe nämlich keine klare Vorgabe, welche URLs konkret zu sperren seien. Somit obliegt einem Unternehmen die Entscheidung, welche Websites nicht mehr verfügbar sind – was grundrechtlich bedenklich ist, wie ein Sprecher des Unternehmens gegenüber dem STANDARD argumentiert. Diese Entscheidung müsse dem Staat obliegen, wie es etwa in Deutschland von der Bundesnetzagentur gemacht wurde. Wenn man eine entsprechende Liste erhalte, werde man die jeweiligen Adressen sofort sperren.

Neue Strafen

Parallel zu diesen Diskussionen wird an einer Novelle des Audiovisuelle-Medien-Gesetzes (AVMG) gearbeitet, die Anfang April in Kraft treten dürfte. Hier wird unter anderem der Paragraf 64, Absatz 3a zum existierenden Absatz 3 hinzugefügt. Dieser sieht vor, dass die RTR bis zu 50.000 Euro Strafe verhängen kann, wenn es Verstöße gegen Verordnungen der EU-Kommission im Medienbereich gibt.

Das würde auch die aktuelle Thematik betreffen, denn der Geltungsbereich dieses Gesetzes betrifft laut RTR neben Medien auch andere Kommunikationsangebote, etwa auch Provider oder Social-Media-Plattformen – wobei im Fall von zum Beispiel Facebook nicht die österreichischen, sondern die irischen Behörden zuständig wären. Laut RTR ist es zudem nicht ausgeschlossen, dass Unternehmen mehrmals in Folge abgestraft werden, wenn sie zum wiederholten Male die geforderten Sperren verweigern. (Stefan Mey, 31.3.2022)