Tarnen und Täuschen kann im Kampf entscheidend sein, das wissen alle, die Wehrdienst gemacht haben. Diese Devise dürfte auch bei der aktuellen Debatte zur künftigen Budgetausstattung des österreichischen Bundesheeres vorherrschen. Offenbar wird versucht, im Zuge des Krieges in der Ukraine über intransparenten Lobbyismus eine bisher nie dagewesene Aufstockung des Etats zu erzielen.

Das Budget des österreichischen Bundesheeres soll erhöht werden.
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Zunächst hatte Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) ohne Absprache mit den Wehrsprechern der Parteien ein "Neutralitätspaket" in Höhe von zehn Milliarden Euro über Medien platziert. Nach berechtigter Aufregung über ihren Vorstoß berief sie sich auf Pläne von Generalstabschef Robert Brieger. Dieser wiederholte am Montag im ZiB 2-Interview die langfristige Forderung nach einer Erhöhung seines Budgets auf 1,5 Prozent des BIP bis 2025. Er tat sich jedoch erstaunlich schwer, zu erklären, wofür das Geld genau verwendet werden solle, und fügte hinzu, dass eine solche Erhöhung "von heute auf morgen" auch keinen Sinn machen würde, denn: "Wir könnten so viel Geld auf einmal gar nicht verkraften."

Was die Steuerzahlerin, der Steuerzahler allerdings verkraften könnte, wäre eine transparente Debatte über die Zukunft des Bundesheeres. Wir erleben tatsächlich eine Zeitenwende der internationalen Sicherheitspolitik. Putins Krieg habe das Sicherheitsumfeld in Europa fundamental geändert, sagte auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Sie zeigte sich "froh" darüber, dass einige Staaten bereits eine Aufstockung ihrer Budgets angekündigt hätten, forderte zugleich aber einen "koordinierten Ansatz". Das dürfte in Österreich bisher überhört worden sein, wäre aber für eine langfristige Strategie unumgänglich.

Langfristige Strategie

Europaweit gibt es schon viele Pläne. Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz will 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr bereitstellen. In Schweden hat sich Ministerpräsidentin Magdalena Andersson angesichts einer möglichen russischen Bedrohung für EU-Staaten von der Neutralität verabschiedet und betont, dass ihr Land dann militärisch eingreifen würde. All das sind Entwicklungen, die auch hierzulande berücksichtigt werden müssen, wenn überlegt wird, welchen Beitrag das laut Kanzler Karl Nehammer neutral bleibende Österreich leisten soll. Diese Debatte darf jedoch nicht im Hinterstübchen geführt werden – und schon gar nicht nur von Vertretern und Vertreterinnen des Heeres.

Hier braucht es eine breite Einbeziehung, wie es einmal mit der Bundesheerreformkommission unter der Leitung von Helmut Zilk ab 2003 gemacht wurde. Über das Ergebnis dieser Kommission kann gestritten werden, aber damals haben Vertreter von Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Gesellschaft und Militär gemeinsam die Grundlagen der zukünftigen Ausrichtung des österreichischen Bundesheeres erarbeitet. Ein solcher Prozess wäre nun wieder höchst notwendig. Auch wenn es zeitaufwendig ist, aber es braucht eine langfristige Strategie, wie es auch in der Zeit nach Putin weitergehen könnte und sollte.

Und es wäre bei der enormen Summe an Steuergeld, die hier im Spiel ist, mit Sicherheit auch ratsam, das Volk zu befragen, wie es etwa bei der Entscheidung zwischen Wehrpflicht und Berufsheer gemacht wurde. Das Debakel rund um die Beschaffung der Eurofighter sollte Warnung genug sein. (Rainer Schüller, 29.3.2022)