Dominic Thiem verlor seine erste Partie nach 280 Tagen.

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Marbella – Zum Einlegen von Lebensmitteln eignen sich Öl, Essig oder eine Lake. Für sein lädiertes Handgelenk verwendete Dominic Thiem Flüssigwachs. Neun Monate musste Österreichs bester Tennisspieler zuletzt pausieren. In seiner Reha ließ er nichts unversucht, um eine Operation zu vermeiden, darunter eben Wachsbäder. Am Dienstag gab Thiem beim Challenger-Turnier in Marbella sein Comeback. Gegen den Argentinier Pedro Cachin war er in Spanien über weite Strecken weit von seiner Normalform entfernt, er verlor nach 1:21 Stunden glatt mit 3:6, 4:6.

"Es war eine sehr, sehr schwere Zeit für mich", ließ Thiem, 28, vor dem Match wissen. Er sprach von einer Menge Rückschlägen und meinte damit nicht, dass er auf den Aufschlag des Gegners wartete. Er wisse, dass ein "langsamer Prozess" auf ihn warte, um an die Spitze zu kommen: "Aber ich bin bereit, hart zu arbeiten und bescheiden zu beginnen."

Der Beginn fiel tatsächlich bescheiden aus. Cachin hatte einen Plan. Er attackierte Thiem häufig über die Rückhand, übte jeweils früh im Ballwechsel hohen Druck aus. Gegen die Nummer 228 der Weltrangliste machte Thiem viele Eigenfehler in den Grundschlägen und lag deshalb schnell 0:5 zurück.

Null Fluss

Wie gewohnt stand Thiem beim Return häufig weit hinter der Grundlinie, dafür fielen seine Rückschläge aber zu schwach aus. Cachin nutzte das aus, diktierte rasch die Ballwechsel. Auch beim Aufschlag hatte Thiem Luft nach oben. Nur selten kam er zu schnellen Punktgewinnen, bei 51 gespielten Punkten gelang ihm kein einziges Ass.

Die beste Phase hatte Thiem nach dem 0:5. Er machte 13 von 14 Punkten in Folge, holte sein erstes Break und verkürzte auf 3:5. Auch der Paradeschlag, die der Seitenlinie entlang geschlagene Rückhand, gelang Thiem mehrmals. Doch Cachins Vorsprung war zu groß, er brachte den Aufschlag zum 6:3 durch. Im zweiten Satz verwandelte der Argentinier seine erste Breakmöglichkeit zum 1:0. Diesen Nachteil machte Thiem nicht mehr wett, er kam seinerseits zu keinem Breakball mehr.

"Das Ergebnis war nicht so wichtig", sagte Thiem nach dem Match, denn: Der Körper machte mit. Das Match sei ein erster Schritt gewesen. Doch in der Wettkampfpause seien viele Automatismen verloren gegangen. Thiem: "Ich denke bei jedem Schlag nach: Wohin muss ich spielen? Wohin muss ich mich bewegen? Da ist null Fluss drinnen."

Thiem musste neun Monate pausieren, nachdem er sich beim Rasenturnier in Mallorca die Sehnenscheide sowie die Gelenkskapsel im rechten Handgelenk eingerissen hatte. Zunächst wollte der Titelverteidiger für die US Open im August wieder fit werden, doch eine verfrühte Rückkehr ins Training führte zu einer erneuten Verletzung – und zur Trennung von Physiotherapeut Alex Stober.

Zwei Sätze

Damit begann ein Umbau im Betreuerteam. Thiem engagierte als Ersatz den Portugiesen Carlos Costa, der zuvor mit der Weltranglistenersten Ana Ivanovic und mit Kevin Anderson gearbeitet hatte. Zudem stieß Jez Green als Fitnesstrainer hinzu. Der Brite half jahrelang Andy Murray, später Alexander Zverev.

Thiem verbrachte zuletzt viel Zeit im Athletikzentrum seines Hauptsponsors in Salzburg. Er konsultierte Spezialisten in Deutschland und Belgien, die ihm von einer Operation ab- und zu einer konservativen Behandlung rieten. So legte er etwa die Hand in ein Wachsbad, um den Stoffwechsel anzuregen. Er ließ sich mit Elektrotherapien behandeln. Wie einen Brotteig kneteten Betreuer sein Handgelenk durch. Nach der erneuten Verletzung musste Thiem für sechs Wochen eine Schiene tragen. Danach war das Gelenk steif, sozusagen ungelenk.

Er begann mit Luftübungen, imitierte Schläge mit geschlossenen Augen. Er schlug mit einem Stab auf einen Gymnastikball. Er spielte mit Softbällen auf dem Kleinfeld. Ein weiterer Comebackversuch im Februar in Cordoba scheiterte, in Marbella reichte es immerhin für die zwei ersten Sätze in einem Match. Thiem fehlen noch "die letzten Prozente", sagte er: "Die Vorhand richtet noch zu wenig Schaden an."

Unmittelbar vor Thiem hatte der dreifache Grand-Slam-Sieger Stan Wawrinka sein Comeback gefeiert. Wie Thiem scheiterte der Schweizer in der ersten Runde, er unterlag Elias Ymer aus Schweden 2:6, 4:6. (Lukas Zahrer, 29.3.2022)