
Das Imago-Dei-Festival widmet sich dem Komponisten Simon Laks, der Auschwitz mithilfe der Musik überlebte.
"Wenn ein SS-Mann Musik hört, vor allem Musik, die er besonders mag, beginnt er sich irgendwie in ein menschenähnliches Wesen zu verwandeln. Die Stimme verliert ihre übliche Heiserkeit, er selbst wird nett im Umgang, und man spricht mit ihm fast wie mit seinesgleichen."
Zwei Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs hielt der Komponist Simon Laks (1901–1983) nüchtern, protokollarisch und manchmal mit bissigem schwarzen Humor seine Erinnerung an seine Zeit als KZ-Häftling fest. Seine hoffnungsvolle Karriere wurde abrupt abgebrochen, als er 1941 in Paris verhaftet und ein Jahr später nach Auschwitz-Birkenau deportiert wurde.
Nach einem Mathematikstudium sowie einer Ausbildung in Komposition und Dirigieren in Warschau übersiedelte er 1926 mit einer Zwischenstation in Wien nach Paris. Ästhetisch schloss er sich den dortigen Neoklassizisten an, amalgamierte moderne klangliche Möglichkeiten mit Elementen aus der polnischen Volksmusik, verband französische Chansons mit jüdischer Folklore.
Glückliche Fügungen
Vieles von seiner Musik aus diesen Zeiten hat den Krieg nicht überstanden, er selbst überlebte durch eine Reihe glücklicher Fügungen, wie in seinen Erinnerungen Musik in Auschwitz (Berlin 2014) nachzulesen sind, denen er ursprünglich den Titel Musiques d’un autre monde gab. Der Zwangsarbeit im Lager entkam er zunächst dadurch, dass der Blockführer einen vierten Mann zum Kartenspielen suchte.
Als er erfuhr, dass Laks Musiker war, schickte er ihm zum Leiter des Lagerorchesters, spielte ihm den Beginn des Violinkonzerts von Mendelssohn vor, ohne daran zu denken, dass jüdische Komponisten bei den Nationalsozialisten verboten waren. Seither war er im Orchester dabei: "Die Geige, die ich halte, ist mein Schutzschild geworden", notierte Laks dazu, der schließlich 1944 nach Dachau verlegt wurde und ein Jahr später nach Paris zurückkehren konnte.
Die Streichquartette und Lieder von Laks stehen im Mittelpunkt einer Konzertserie, welche die neue Imago-Dei-Intendantin Nadja Kayali heuer als ein "Herzensprojekt" und als "Festival im Festival" realisiert. Gesprächskonzerte und Lesungen mit Cornelius Obonya und Doron Rabinovici, der einen neuen, im Auftrag des Festivals entstandenen Text vorträgt, werden unter anderem ergänzt durch den Film Drei Söhne. Darin geht es um den Cellisten Raphael Wallfisch, den Galeristen Thomas Frankl und den Philosophieprofessor André Laks, den Sohn des Komponisten – allesamt Nachkommen von Holocaust-Überlebenden.
Musiziert wird unter anderem von der Sopranistin Shira Karmon, dem Pianisten Paul Gulda und dem Messages Streichquartett. (Daniel Ender, 30.3.2022)