Nicht nur die hohen Energiepreise machen den Betrieben zu schaffen.

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Lieferengpässe, Knappheiten bei Materialien und Energiepreise treiben praktisch alle Industriebetriebe um. Schon lange kämpfen nicht mehr nur die Autobranche und ihre Zulieferer an vielen Fronten. Die Preise für manche Werk- und Rohstoffe haben sich im Gleichklang mit den Energiepreisen bereits vor dem russischen Überfall auf die Ukraine deutlich nach oben geschraubt. Mit dem Krieg in Europa haben sich die Probleme zugespitzt.

Rohstoff-Ralley

In der ersten Märzwoche verdoppelte sich der Nickelpreis binnen weniger Stunden auf zeitweilig 101.365 Dollar je Tonne (93.038 Euro). Die Londoner Metallbörse musste den Handel stoppen, um eine Panik am Markt zu vermeiden. Mittlerweile scheint sich der Markt zu stabilisieren. Die Rohstoff-Ralley betrifft aber auch Eisenerz, Titan, Palladium oder Aluminium. Viele Rohstoffe kommen aus Russland. Dazu kommen Knappheit bei Vormaterialien wie Glasfaser oder Kunststoffen. Auch das lässt die Preise steigen.

Immer noch ein Thema ist der Halbleitermangel. Dazu kommt die gestiegene Nachfrage. Fehlt ein Elektronikbauteil, steht vieles still, heißt es etwa beim Motorradhersteller Pierer Mobility (KTM, Husqvarna, Gas Gas). Dann können etwa in Mattighofen tausend Motorräder – da vor allem Straßenmodelle, die mit mehr Elektronik ausgerüstet sind – nicht fertiggestellt werden.

Weiter steigende Preise

Mit Entspannung rechnen die Oberösterreicher so schnell nicht. Die Rohstoff- und Energiekosten würden wohl weiter steigen. All der Unbill zum Trotz konnte Pierer den Nettogewinn aber auf 142,9 Millionen Euro verdoppeln. Wie Pierer geht es derzeit vielen heimischen Industriebetrieben. Die Industrie hat im März ihr Wachstumstempo trotz des Ukraine-Krieges und dessen wirtschaftlicher Folgen dank voller Auftragsbücher leicht gesteigert.

Der Blick in den Rückspiegel kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich die Aussichten deutlich eintrüben. Das zeigt auch der aktuelle Einkaufsmanagerindex der Unicredit Bank Austria. Die Produktionserwartungen der Betriebe haben sich laut dem Wirtschaftsbarometer, der auf Umfragen beruht, abrupt verschlechtert. Grund seien die prekäre Lage in der Ukraine – und neuerlich verschärfte Lieferprobleme.

Längere Lieferzeiten und höhere Einkaufspreise

Die Verlängerung der Lieferzeiten und der Anstieg der Einkaufspreise näherten sich den Rekordniveaus vom Herbst des vorigen Jahres", fasst Chefökonom Stefan Bruckbauer die Ergebnisse zusammen. Die Lage wird laut dem Ökonomen wieder deutlich unwirtlicher: "Beim Blick nach vorne rückt das Risiko einer Stagnation oder gar Rezession der heimischen Industrie näher."

Wer einzelne Betriebe zu ihrer Lage befragt, bekommt Vergleichbares zu hören. "Die Entwicklung hat sich insbesondere bezüglich der Preise zugespitzt, sehr sogar", heißt es etwa beim Linzer Automobilzulieferer Polytec. Zum Anstieg der Energiekosten zu Jahresende 2021 kam der Krieg. Planung sei derzeit kaum möglich: "Die mittel- bis langfristigen Auswirkungen auf Verfügbarkeit und Preise können – solange Krieg ist – überhaupt nicht seriös beurteilt werden. Das ändert sich von Tag zu Tag."

Wirtschaftsstimmung in Eurozone trübte sich deutlich ein

Nicht nur bei heimischen Betrieben hat sich die Stimmung eingetrübt. In der gesamten Eurozone hat sich die Wirtschaftsstimmung angesichts des Ukraine-Kriegs deutlich verschlechtert. Der Economic Sentiment Indicator (ESI) fiel von Februar auf März um 5,4 Punkte auf 108,5 Zähler, wie die Europäische Kommission am Mittwoch in Brüssel mitteilte. Analysten hatten im Schnitt mit einem Rückgang auf 108 Punkte gerechnet.

Verbessert hat sich die Stimmung dank der Lockerung von Corona-Maßnahmen im Dienstleistungssektor. Dagegen trübte sich die Stimmung in der Industrie, unter Verbrauchern und im Einzelhandel teils deutlich ein. (Regina Bruckner, 30.3.2022)