Stephan Pauly plant für die nächste Saison im Wiener Musikverein etwa Schwerpunkte zu einzelnen Künstlern und Künstlerinnen.

Foto: Musikverein/Wolf-Dieter Grabner

Anna Netrebko "würden wir im Moment nicht einladen", sagt Musikvereinschef Stephan Pauly. Es war mit der Sopranistin für die kommende Saison aber auch nichts geplant. Sehr wohl hat man jedoch Konzerte mit Dirigent Valery Gergiev abgesagt. Dies hängt mit Paulys Positionierung zusammen: "Jene, von denen man weiß, dass sie sich in der Vergangenheit zu Putin und seiner Politik bekannt oder die Nähe zu ihm gesucht haben und sich vom schrecklichen Geschehen nicht distanzieren, können bei uns nicht auftreten."

Selbstverständlich "sind uns aber russische Künstler willkommen", so Pauly. Es könne "keinen Gesinnungstest, keine Pauschalverurteilung wegen der Nationalität geben." Natürlich sei "zu bewundern, wenn jemand klar Position bezieht, einen Zwang dazu sehe ich jedoch nicht", sagt Pauly. Im Musikverein wird es jedenfalls ein Festival russischer Musik geben. Musik im Umbruch führt zu Strawinsky, Prokofjew, Schostakowitsch und zum Thema politische Umwälzung.

Mehr Diversität und Teilhabe

Zu Paulys Konzept gehört es auch, Schwerpunkte zu bilden und sich einzelnen Künstlern und Künstlerinnen konzentriert zu widmen. Die Reihe Paris tanzt etwa bringt das Originalklangorchester Les Siècles ans Haus. Und bei den Porträts werden Pianist Igor Levit, Dirigentin Elim Chan und Dirigent Lorenzo Viotti zum Zug kommen. Die etablierte Generation repräsentieren Daniel Barenboim, Christian Thielemann, Pianist Jewgenij Kissin und Geigerin Isabelle Faust. Und: Eine Reihe widmet sich dem deutsch-französischen Tonsetzer Mark Andre.

Stichwort Diversität: Hierbei wird mit der Brunnenpassage etwa bei der Reihe "Wiener Stimmen" kooperiert. Mit der Caritas arbeitet man wiederum im Rahmen des Projekts "Freizeitbuddys" zusammen. Es geht um gesellschaftliche Teilhabe von Menschen, die besondere Bedürfnisse haben und denen ein Konzertbesuch in Begleitung ermöglicht werden soll. Ein Festival lässt sich übrigens von jenem silbernen Medizinlöffel inspirieren, der im Musikverein ruht und mit dem Beethoven Heilendes zu sich nahm. Es erklingen Stücke, die um die Begriffe Krankheit, Rauch oder Zaubertrank kreisen.

Grundsätzlich hofft Pauly, dass es im "Herbst nicht zu Überraschungen" bezüglich Corona kommt. "Die wirtschaftlichen Schäden sind höher als die Hilfen, die wir bekamen. Es muss ökonomisch besser werden, sonst wird es gefährlich ..." (Ljubiša Tošic, 30.3.2022)