Smartphones sind oftmals nur schwer zu reparieren, manchmal ist der Kauf eines neuen Handys sogar billiger.

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Jeder kennt die Situation: Das Smartphone, der Drucker oder der Computer wird nach einer bestimmten Zeit langsamer oder gibt gänzlich den Geist auf. Die Reparatur wäre aber teurer, als gleich ein neues Gerät zu kaufen – oder zumindest nicht wesentlich günstiger.

Geht es nach der Europäischen Kommission, soll sich das künftig ändern: Laut einem Maßnahmenpaket, das die EU-Behörde am Mittwoch auf den Weg gebracht hat, sollen Produkte – egal ob Kleidung, TV-Geräte oder Smartphones – einfacher gewartet, repariert und wiederverwertet werden können.

Ein "digitaler Produktpass", der via QR-Code abrufbar ist, soll Konsumentinnen und Konsumenten zudem mit wichtigen Informationen versorgen. Verkäuferinnen und Verkäufer müssten dann darüber informieren, wie langlebig ein Produkt ist und ob es repariert werden kann.

Einfachere Reparatur

"Unser Vorschlag wird die Art und Weise, wie wir produzieren und konsumieren, stark verändern", sagte Frans Timmermans, Vizepräsident der Europäischen Kommission, bei einer Pressekonferenz am Mittwoch. "Produkte müssen leichter repariert werden können", forderte Timmermans und hob sein Handy in die Höhe. "Ich kann nicht einmal den Akku von diesem Ding tauschen, ohne es komplett auseinanderzunehmen."

Konkret will die EU-Kommission die bereits bestehende Ecodesign-Richtlinie, die Umweltstandards für bestimmte Produkte festlegt, auf praktisch alle Konsumgüter ausdehnen. Produkte sollen dadurch langlebiger, leichter reparierbar und recycelbar werden. Ein spezieller Fokus liegt zunächst auf Textilien und dem Kampf gegen "Fast Fashion". Nach 2023 sollen die Maßnahmen auf weitere Produktkategorien ausgedehnt werden. Ausgenommen sind laut Kommission Nahrungsmittel, Futtermittel und Medikamente.

Verbraucherinnen und Verbraucher sollen zudem besser darüber informiert werden, für welche Lebensdauer ein Produkt ausgelegt ist und ob es sich überhaupt reparieren lässt. Dafür will die EU-Kommission die Verbraucherschutzrichtlinie ändern. "Konsumenten brauchen die richtigen Werkzeuge in der Hand, um nachhaltige Entscheidungen treffen zu können", sagte Justizkommissar Didier Reynders.

Verbot von Greenwashing

Verbieten will die Kommission auch Greenwashing und "geplante Obsoleszenz" – also die absichtliche Alterung von Produkten. Dazu soll die "schwarze Liste" an unlauteren Geschäftspraktiken im Wettbewerbsrecht erweitert werden. Ist in einem Laptop oder einem Drucker etwa Software eingebaut, die das Gerät nach einer bestimmten Zeit langsamer macht, muss die Verkäuferin oder der Verkäufer darüber informieren.

Auch "vage Aussagen" wie "umweltfreundlich", "öko" oder "grün", die fälschlicherweise den Eindruck erwecken, ein Produkt sei nachhaltig, werden verboten. Zudem sollen nur noch offizielle Nachhaltigkeitssiegel verwendet werden dürfen und keine eigenen Kreationen der Hersteller.

In Stein gemeißelt ist freilich noch nichts: Der Vorschlag der Kommission wird in den nächsten Monaten von den EU-Mitgliedsstaaten und dem Europäischen Parlament diskutiert. Bis zu einem endgültigen Beschluss werden betroffene Unternehmen wohl eifrig lobbyieren. Vor allem in Detailfragen dürfte es zu mühsamen Verhandlungen kommen – etwa zum Thema, welche Produkte genau von der neuen Regelung erfasst sein sollen und welche nicht.

Energiesparen

Laut EU-Kommission könnte durch die neuen Regeln bis 2030 so viel Energie eingespart werden, wie die EU derzeit durch Einfuhren russischen Gases gewinnt. Die bestehende Ökodesign-Richtlinie hätte bereits dazu geführt, dass regulierte Produkte zehn Prozent weniger Energie verbrauchen – allein im Jahr 2021 eine Einsparung in der Höhe von 120 Milliarden Euro. (Jakob Pflügl, 30.3.2022)