Der offizielle Terminus der österreichischen Regierung und der nachgeordneten Organe für die Ukrainerinnen und Ukrainer, die jetzt ihre Heimat verlassen müssen, lautet nicht Flüchtlinge, sondern Vertriebene.

Die Regierung verwendet da einen Begriff, der für viele weniger belastet und eher sympathieerweckend ist als "Flüchtlinge". Mit denen haben manche ja 2015/16 nicht so viel Freude gehabt. "Vertriebene" erinnert Ältere vielleicht an die "Volksdeutschen", die gegen Ende des Zweiten Weltkriegs aus (Süd-)Osteuropa vertrieben wurden.

Mehr als vier Millionen Menschen sind seit Ausbruch des Krieges aus der Ukraine geflohen.
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Objektiv sind die vier Millionen, die im Zuge des russischen Überfalls aus der Ukraine nach Polen, Ungarn, Tschechien, Rumänien, die Slowakei, Deutschland und Österreich gekommen sind, sicher als "Vertriebene" zu bezeichnen. Das russische kriegsverbrecherische Vorgehen – gezielter Beschuss von Wohngegenden, Spitälern, Theatern – hat zwangsläufig die Entvölkerung von Gebieten zur Folge. Vor allem im Südosten der Ukraine.

Dass ein beträchtlicher Teil der Vertriebenen russischsprachig ist, spielt da eine untergeordnete Rolle. Ziel ist die Verbreitung von Terror, um die Unterwerfung herbeizuführen. Dass die russischen Truppen nicht als Befreier begrüßt wurden, büßt nun auch die russischsprachige Bevölkerung. Diese Methoden werden eines Tages in den Geschichtsbüchern – und wohl auch vor einem Kriegsverbrechertribunal – landen. (Hans Rauscher, 30.3.2022)