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Die WM in Katar ist nicht mehr zu verhindern. Die Menschenrechtssituation im Emirat bleibt aber Thema.

Foto: REUTERS/Hamad I Mohammed

Das Spielgerät der WM in Katar hat einen Namen (Al-Rihla, also Reise), das Teilnehmerfeld ist mit 29 von 32 Mannschaften fast komplett. Am Freitagabend wird im Doha Exhibition and Convention Center die Endrunde ausgelost. Schon am Donnerstag tagt die Exekutive des Weltverbandes Fifa in Doha, wo Fifa-Präsident Gianni Infantino inzwischen einen Wohnsitz sein Eigen nennt. Des Schweizers Plan, die Weltmeisterschaften künftig zwecks Gewinnmaximierung alle zwei Jahre stattfinden zu lassen, wird diskutiert werden. Seitens der Fifa soll jedoch vor allem transportiert werden, dass Katar ein tadelloser Gastgeber für die besten Fußballer der Welt ist.

Tatsächlich befeuert das Brimborium um Kongress und Auslosung seit der Vergabe der Endrunde an das Emirat die Kritik an der Menschrechtslage in Katar erneut. In ihrem diese Woche veröffentlichten Jahresbericht stellt die Menschenrechtsorganisation Amnesty International fest, dass in Katar Arbeitsmigrantinnen 2021 weiter "von Ausbeutung betroffen" gewesen seien. Zudem kritisierte Amnesty weitere Einschränkungen der Meinungsfreiheit und die Diskriminierung von Frauen sowie von lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen Menschen.

Genügend Beweise

Fifa-Boss Infantino verweist wie die katarische Regierung auf Reformen und Verbesserungen im Land, die in erster Linie der Tatsache geschuldet seien, dass die WM an Katar vergeben wurde. Abgesehen davon, dass die 2010 in Zürich gefallene Entscheidung für das Emirat und gegen die USA nicht nur im Ruch des Stimmenkaufs steht, gibt es genügend Beweise dafür, dass die Errichtung der Infrastruktur für die WM in einem Land, das etwas kleiner als Oberösterreich ist, viele Menschenleben gekostet hat. Im Februar 2021 schrieb der Guardian von 6500 Toten auf Baustellen, die im Zusammenhang mit der WM stehen – eine Zahl, die jedoch umstritten ist.

Zumindest für Infantino unbestritten ist, dass das erst sechs Tage vor Weihnachten entschiedene Turnier "eine einzigartige Gelegenheit" sei, "die Welt zu vereinen". Ähnlich hatten die Olympier übrigens für die Winterspiele in Peking argumentiert. Vier Tage nach deren Schlussfeier überfiel Russland die Ukraine.

Stimmen erheben

Wie das Internationale Olympische Komitee (IOC), so verbietet auch der Fußballweltverband (Fifa) bei seinen Events politische Statements von Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Barbara Helige, die Präsidentin der Österreichischen Liga für Menschenrechte, hätte Verständnis dafür, wenn Fußballer während der WM in Katar nicht individuell Kritik an den Zuständen im Gastgeberland üben. Wohl sei der Event ein Anlass, sich auch in Österreich mit dem Thema Menschenrechte im Zusammenhang mit dem Sport auseinanderzusetzen.

Unter dieser Prämisse rief die Organisation Fairplay am Vienna Institute for International Dialogue and Cooperation (VIDC) die Initiative Unser Spiel für Menschenrechte ins Leben. Mit Partnern wie Südwind, Frauen*solidarität, der Vereinigung der Fußballer (VdF) oder der Liga für Menschenrechte und mittels Medienkooperationen soll eine Reihe von Aktivitäten bis zum Anpfiff der WM die Missstände in Katar ins öffentliche Bewusstsein heben.

Fest auf dem Friedhof

"Die WM hat ein Problem, wie soll man ein Fußballfest feiern auf einem Friedhof?", sagte Kurt Wachter von Fairplay im Rahmen der Präsentation der Initiative am Mittwoch im Presseclub Concordia zu Wien. "Sport und Menschenrechte sind kompatibel, und der Sport hat eine Verantwortung." Präsidentin Helige hob die "gewaltige, positive Strahlkraft" des Sports im Allgemeinen und des Fußballballs im Besonderen hervor: "Die muss man nützen." (Sigi Lützow, 31.3.2022)