Fellner beruft gegen das Urteil, auch Scharf beruft gegen dessen Höhe.

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Wien – Berichten Fellner-Medien über die Belästigungsvorwürfe gegen ihren Chef Wolfgang Fellner, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass ein gerichtliches Nachspiel folgt. So etwa am Donnerstag am Straflandesgericht Wien. Die Oe24 GmbH und die Mediengruppe Österreich GmbH sind nicht rechtskräftig wegen übler Nachrede verurteilt worden.

Geklagt hat Raphaela Scharf – sie soll von Fellner in ihrer Zeit als Moderatorin bei Oe24.tv belästigt und begrapscht worden sein. Fellner bestreitet die Vorwürfe, mehrere Gerichtsverfahren sind noch anhängig. Begleitend dazu ließ Medienboss Fellner in seinen eigenen Zeitungen über die Verfahren berichten – so auch in den insgesamt fünf teils identen Veröffentlichungen von Ende Mai bis Anfang Juni des vergangenen Jahres. Unter der Überschrift "Alle Zeugen für Fellner" war etwa zu lesen, dass vernommene Zeugen für Fellners Version sprechen würden.

Schwere Vorwürfe gegen Scharf

In den Artikeln werden schwere Vorwürfe gegen die Ex-Mitarbeiterin Fellners erhoben: Scharf würde Lügengeschichten verbreiten und die MeToo-Bewegung missbrauchen. Als angeblicher Beweis waren wörtliche Zitate einiger Zeugen angeführt, die laut Scharfs Anwältin Pia Kern von der Kanzlei Gheneff-Rami-Sommer in den Berichten "gefälscht" worden sein sollen.

Fellner habe hier "seine Medienmacht auf ganz miese Weise" benutzt, um Scharf als "Lügnerin" darzustellen, sagte Kern in ihrem Plädoyer. Nur weil einige Zeugen keine Wahrnehmung zu etwaigen Berührungen hatten, heiße das nicht, dass es diese – wie in den Berichten suggeriert – nicht gegeben habe.

Volle Berufung angemeldet

Richter Hartwig Handsur sah das ähnlich. Er verurteilte beide Medieninhaber nicht rechtskräftig zur Zahlung einer Entschädigung von ingesamt 11.500 Euro und zur Urteilsveröffentlichung.

Der Anwalt der Fellner-Medien, Daniel Bauer von der Kanzlei Zöchbauer, verzichtete im Prozess auf den Wahrheitsbeweis, meldete trotzdem volle Berufung an. Der Sinngehalt, dass Scharfs Vorwürfe frei erfunden seien, habe noch immer seine Richtigkeit.

Scharf beruft gegen die Entschädigungshöhe: Weil Fellner als Herausgeber selbst bei den Verhandlungen anwesend war, sei zumindest von "grober Fahrlässigkeit" auszugehen. (Laurin Lorenz, 31.3.2022)