Martin Ho sieht sich Vorwürfen konfrontiert, die er vehement abstreitet.

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Wien – Fällt der Name des Wiener Gastronomen Martin Ho, drängt sich der Beginn eines Wolf-Haas-Krimis auf, denn: Es ist schon wieder etwas passiert. Die Staatsanwaltschaft Wien ermittelt gegen den Chef der Dots-Gruppe wegen schweren Betrugs, seit März läuft das Verfahren. "Martin Ho wird als Beschuldigter geführt", bestätigte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Wien, Nina Bussek, einen Bericht des Magazins "Dossier". Mitarbeiter werfen Ho vor, rechtswidrig Kurzarbeitsförderungen beantragt und bekommen zu haben.

"Dossier" beruft sich auf ein Anwaltsschreiben und die Aussage eines Mitarbeiters von Ho beim Finanzamt. Dieser behauptet, er habe bis zu 60 Stunden gearbeitet, obwohl er nur für zehn Stunden angemeldet gewesen sei. Teilweise habe er Blankoformulare über seine Arbeitszeit unterschreiben müssen. Er habe auch selbst Barauszahlungen an das Personal getätigt, auch in anderen Lokalen der Gruppe sei es so abgelaufen. Hos Mediensprecher Alexander Khaelss-Khaelssberg weist die Vorwürfe zurück.

Insgesamt flossen an Ho-Betriebe knapp 1,1 Millionen Euro an Corona-Wirtschaftshilfen, wie die Transparenzdatenbank der EU-Kommission zeigt, die vergangenes Jahr veröffentlicht wurde. DER STANDARD hat berichtet.

"Überrascht von Ermittlungen"

Man sei "sehr überrascht, von Ermittlungen der Staatsanwaltschaft in skandalisierenden und kriminalisierenden Artikeln aus den Medien zu erfahren", heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme des Unternehmens gegenüber dem STANDARD. Lohnverrechnung und Abrechnung der Kurzarbeit "erfolgten nach bestem Wissen und Gewissen durch einen sachkundigen externen Dienstleister". Die Dots Group arbeite mit AMS und Behörden zusammen, um allfällige offene Fragen zu klären. "Die Dots Group weist Vorwürfe des betrügerischen Handelns entschieden zurück."

Laut Khaelss-Khaelssberg wurde bisher weder vom AMS noch von der Staatsanwaltschaft in Bezug auf diese Vorwürfe Kontakt mit dem Unternehmen aufgenommen. Es laufe derzeit lediglich die übliche, alle paar Jahre wiederkehrende Lohnabgabenprüfung.

Im "Dossier"-Bericht heißt es, mehrere Mitarbeiter der Dots-Gruppe seien im August 2021 an AMS und das Finanzamt herangetreten, um Missstände bei der Abrechnung von Corona-Förderungen anzuzeigen. Das AMS habe nach einer Prüfung den Fall im Februar bei der Staatsanwaltschaft angezeigt.

Keine Verständigung

Die Strafprozessordnung schreibt vor: "Sowohl der Verdächtige als auch der Beschuldigte haben bestimmte Informations-, Verteidigungs-, Verfahrensbeteiligungs- und Verständigungsrechte." Sie müssen etwa sobald wie möglich darüber informiert werden, dass gegen sie ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde und dass gegen sie ein konkreter Tatverdacht besteht. Dieser Informationspflicht können die Ermittlungsbehörden aber auch erst zu einem späteren Zeitpunkt nachkommen, wenn ansonsten der Zweck der Ermittlungen gefährdet wäre.

Staatsanwaltschaftssprecherin Bussek bestätigt dem STANDARD, dass Ho bisher nicht offiziell verständigt wurde. Das habe allerdings keine ermittlungstaktischen Gründe, sondern sei "irrtümlich leider passiert", sagt sie.

"Horakel" der Lockdowns

Während der vergangenen zwei Jahre fiel Ho immer wieder durch Ankündigungen auf, seine Lokale zu schließen, noch bevor die Regierung offiziell einen Lockdown verkündet hatte. In sozialen Medien bekam er dafür den Titel "Horakel". Vor allem aufgrund seiner freundschaftlichen Beziehung zu Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) brachte ihm das viel Häme ein. Ho bestritt stets, etwas vor allen anderen gewusst zu haben.

Es blieb jedoch nicht nur bei diesen Timing-Zufällen. Im Frühjahr 2020 geriet die Dots-Gruppe in die Schlagzeilen, nachdem Drogenfahnder während eines Lockdowns im Mai in einem ihrer Lokale eine private Party aufgelöst hatten. 21 Partygäste waren zugegen und im Besitz diverser stimmungserheiternder Substanzen. Seinem Anwalt zufolge wusste Ho nichts von der Party.

Und dann war noch einmal etwas: Anfang Juli 2020 wurde die Mehrwertsteuer für Gastronomie, Kultur und Medien auf fünf Prozent gesenkt. Wie von der SPÖ veröffentlichte Rechnungen zeigten, hatte Ho diese Senkung bereits im Juni verrechnet. Begründet wurde das mit einem "technischen Fehler". (and, APA, 31.3.2022)