Die Richtwertanhebung betrifft vor allem Altbauwohnungen.

Foto: Putschögl
Grafik: STANDARD

Am Donnerstagnachmittag war es so weit: Das Justizministerium hat die neuen Richtwerte im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Damit steigen ab 1. April die Richtwertmieten um rund 5,85 Prozent.

Die Richtwerte sind die Basis für die Berechnung der Mieten in Altbauwohnungen bei Mietverträgen, die ab März 1994 abgeschlossen wurden, aber auch etwa in den Wiener Gemeindewohnungen ab dem Jahr 2004. Bei privaten Wohnungen dürfen meist noch diverse Zuschläge draufgeschlagen werden, bei Gemeindewohnungen verzichtet die Stadt Wien auf Zuschläge und verrechnet nur den Richtwert.

Anhebung bei bestehenden Verträgen ab Mai

Bei neuen Mietverträgen für Altbau- und Gemeindewohnungen können die neuen Richtwerte ab sofort herangezogen werden, bei bestehenden Mietverträgen dürfen die Mieten frühestens ab 1. Mai angehoben werden, aber auch nur dann, wenn der Mietvertrag eine Wertsicherungsklausel enthält (was üblicherweise der Fall ist).

Vermieterinnen und Vermieter müssen dafür jedoch bestimmte Formerfordernisse einhalten. Laut Mietrechtsgesetz (MRG) darf das Erhöhungsbegehren nämlich erst dann verschickt (!) werden, wenn die neuen Richtwerte schon gelten, und es muss bis spätestens 14 Tage vor dem nächsten Zinstermin beim Mieter oder der Mieterin eingelangt sein, ansonsten gilt die Erhöhung erst ab dem übernächsten Zinstermin. Im Fall des vorzeitigen Verschickens des Erhöhungsbegehrens wäre dieses sogar unwirksam.

Auch Kategoriebeträge angehoben

In einem eigenen Bundesgesetzblatt wurden außerdem wie erwartet auch neue Kategoriebeträge kundgemacht, die ebenfalls ab 1. April gelten und hauptsächlich ältere Mietverträge (Abschluss vor März 1994) betreffen. Auch hier darf die Miete bei einem bestehenden Vertrag erst ab Mai angehoben werden. Neue Mietverträge nach dem Kategoriemietensystem sind zwar auch noch möglich, aber nur dann, wenn die betreffende Wohnung der Ausstattungskategorie D entspricht.

Im Vorjahr verschoben

Die letzte Erhöhung der Richtwerte fand 2019 statt, damals ging es um 4,2 Prozent nach oben. 2021 hätte die Inflationsanpassung wieder stattfinden müssen, mit dem Beschluss des Mietzinsrechtlichen Pandemiefolgenlinderungsgesetzes (MPFLG) verschob die türkis-grüne Bundesregierung gemeinsam mit der oppositionellen SPÖ die Anhebung aber auf heuer.

Weil die Pandemiefolgen noch nicht bewältigt sind, wurden schon vor einigen Wochen Forderungen nach einer neuerlichen Verschiebung laut, doch die ÖVP hatte dies schon früh abgelehnt. Und so wurde nun um die erwähnten 5,85 Prozent erhöht, diese Quote ergab sich aus den Inflationsraten der letzten drei Jahre.

Mietervereinigung: "Teuerungskrise"

Für die SP-nahe Mietervereinigung Österreichs (MVÖ) seien damit "die zahlreichen Appelle einer breiten Allianz von Mietervereinigung, Arbeiterkammer, Sozialpartnern und SPÖ", die Anhebung nochmals auszusetzen, "ignoriert worden". Österreich sei ohnehin schon auf dem Weg "in eine Teuerungskrise – und mitten in diese hinein werden nun auch noch die Mieten für rund eine Million Mieterinnen und Mieter erhöht", kritisiert MVÖ-Präsident Georg Niedermühlbichler in einer Aussendung.

SPÖ fordert Stopp aller Mietanhebungen

Die SPÖ hatte noch am Donnerstagvormittag in einer Pressekonferenz das abermalige Aussetzen der Anhebung gefordert. Es sei "unglaublich", dass die türkis-grüne Bundesregierung "gegen diesen Miethammer in einer Zeit, in der alles teurer wird, nichts unternimmt", sagte der stellvertretende Klubobmann Jörg Leichtfried. Er kündigte nun gemeinsam mit Bautensprecherin Ruth Becher einen SPÖ-Antrag in der nächsten Nationalratssitzung an, der das Ziel habe, die Richtwertmietenerhöhung rückgängig zu machen. Und die SPÖ forderte am Donnerstag auch die Aussetzung der Erhöhung für alle Mietverträge – wobei das ohne Eingriff in bestehende Mietverträge wohl nicht ginge.

Becher kritisierte aber auch die lange hinausgezögerte Kundmachung der neuen Richtwerte. Wie berichtet, hieß es zuletzt vom Justizministerium stets, man "prüfe" noch, ob die Anhebung durchgeführt werden könne. "Die Grünen haben behauptet, zu einem Zeitpunkt zu evaluieren, an dem man nicht mehr evaluieren kann", sagte Becher.

FPÖ kritisiert Mieterhöhungen im Gemeindebau

Für die FPÖ, die ebenfalls schon seit Wochen einen neuerlichen Stopp der Richtwertanhebung fordert, ist hingegen auch die SPÖ in dieser Causa "völlig unglaubwürdig", wie Bautensprecher Philipp Schrangl am Donnerstag in einer Aussendung mitteilte. Denn in den Wiener Gemeindebauten, die ebenfalls nach dem Wiener Richtwert vergeben werden (ohne Zuschläge), habe die Stadt Wien bisher eben auch kein Aussetzen der Mietenanhebung verkündet. Wie berichtet, hätte man sich in Wien einen bundesweiten Mietenstopp gewünscht.

"Solange es aus Wien kein verbindliches Bekenntnis gibt, die Richtwerterhöhung auf die 220.000 Gemeindewohnungen nicht anzuwenden, ist die SPÖ völlig unglaubwürdig", sagte Schrangl. Einem entsprechenden Antrag der FPÖ im Wiener Gemeinderat sei von der rot-pinken Wiener Koalition nicht zugestimmt worden. (mapu, 31.3.2022)