Bild nicht mehr verfügbar.

RBI-CEO Johann Strobl versuchte bei der HV, Anleger bezüglich des Russland-Engagements zu beruhigen.

Foto: Reuters / Heinz-Peter Bader

Kann die Raiffeisen Bank International (RBI), die in ihrer Strategie auf Nachhaltigkeit setzt, noch in Russland aktiv bleiben, nachdem Präsident Wladimir Putin die Ukraine überfallen hat? Diese Frage stand am Donnerstag im Zentrum der RBI-Hauptversammlung. Kritik daran, dass sich die RBI nicht schon aus Russland zurückgezogen hat, wie andere Unternehmen es getan haben, konterte RBI-Chef Johann Strobl mit: "Eine Bank ist kein Würstelstand, den man über Nacht zusperren kann." Es gebe aufsichtsrechtliche Vorgaben zu erfüllen, man habe gegenüber den 2,35 Millionen Kunden Verpflichtungen und freilich auch eine soziale Verantwortung gegenüber den rund 9300 Mitarbeitern.

Für die Russland-Tochter würden alle Optionen von Verkauf bis Rückzug geprüft, sagte Strobl. Die Entscheidung über das Russland-Engagement werde "mit aller Sorgfalt" getroffen. Ein Eigentümerwechsel bei der Russland-Tochter sei laut Strobl jedoch schwierig, weil hierfür Genehmigungen der Behörden erforderlich seien.

Bei einem Rückzug aus Russland sollte der RBI kein großer Schaden entstehen. Die Gefahr einer Ansteckung für die Konzernzentrale oder die übrigen Töchter in Ost- und Südosteuropa sieht Strobl nicht. Die übrigen Osttöchter hätten gegenüber der Russland-Tochter und auch gegenüber sanktionierten Unternehmen kein Exposure. Die grenzüberschreitenden Risikopositionen gegenüber Russland seien "unbedeutend". "Das Russland-Exposure liegt deutlich innerhalb der Grenzen, welche die Resilienz der Gruppe in allen möglichen Szenarien gewährleisten", sagte Strobl.

"Alle stehen für sich"

Das Exposure der gesamten Gruppe gegenüber sanktionierten Gesellschaften liege bei rund 650 Mio. Euro, davon entfielen 484 Mio. Euro auf Firmenkunden und 166 Mio. Euro auf Finanzinstitute. Rund 137 Mio. Euro des gesamten Exposures seien in der Konzernzentrale in Wien gebucht. Für die Konzernzentrale in Wien sehe die Bank überdies keine Verpflichtungen, die über das investierte Eigenkapital und die ausgewiesenen nachrangigen Verbindlichkeiten hinausgehen.

"Alle stehen für sich allein", sagte Strobl. Die Bankengruppe verfüge über eine gute Liquiditätsausstattung. "Der RBI-Konzern ist so aufgestellt, dass selbst in einem Extremszenario in einer Tochterbank kein Ansteckungsrisiko für die Gruppe besteht", fasste Strobl zusammen.

Das Russland-Geschäft hat bisher einen großen Teil des Konzerngewinns gebracht. 2021 trug das Land ein Drittel zum Konzerngewinn von 1,4 Mrd. Euro bei. In der Ukraine versuchten die Mitarbeiter die Filialen so gut es geht offen zu halten, um eine Basisversorgung sicherzustellen. Das gelinge laut Strobl teils unter sehr schwer vorstellbaren Bedingungen. Mitarbeiter würden zum Teil aus Garagen, aus Kellern, aus Schutzbunkern arbeiten – je nachdem, was die Kampfhandlungen gerade erlauben. Den ukrainischen Kunden hat die RBI ein Moratorium angeboten.

Dividende als Spende?

Die angedachte Dividende für das Jahr 2021 wird vorerst ausgesetzt. Auf die Frage, ob man diese in eine Spende umfunktionieren kann, erklärte Strobl, dass die RBI bereits zehn Millionen Euro an Direktspenden und Hilfen geleistet hat. 800 Familien von Mitarbeitern der Ukraine-Tochter haben die Grenze schon überschritten und werden von der Raiffeisen betreut. Das sei aber wohl nur ein Anfang.

RBI-Vorstandschef Erwin Hameseder ließ jedenfalls keinen Zweifel daran, dass das laufende Jahr schwierig sei für den Konzern: "Wir werden einen langen Atem brauchen", sagte er. (Bettina Pfluger, 1.4.2022)