Die Initiative "Saubere Hände" erinnerte die Bundesregierung bei einer Aktion am Ballhausplatz an die versprochene Reform beim Korruptionsstrafrecht – und an den Null-Fortschritt, den die Koalition bisher vorzuweisen hat. Die ehemaligen Justizsprecher Michael Ikrath (ÖVP) und Albert Steinhauser (Grüne) forderten Türkis-Grün zum Handeln auf.

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Justizministerin Alma Zadić (Grüne) hatte der Koalition (und damit auch sich selbst) eine Deadline gesetzt. Im ersten Quartal 2022 solle ein Gesetzesentwurf für das Korruptionsstrafrecht vorliegen, erklärte die Ministerin Anfang des Jahres. Die Kernpunkte: Korrupte Politikerinnen und Politiker sollen auch dann belangt werden können, wenn sie korrupte Versprechen geben, bevor sie ihr Amt innehaben. Darüber hinaus sollen Parteien Plätze auf ihren Wahllisten nicht mehr länger an den Höchstbietenden verkaufen dürfen.

Nun ist das erste Quartal abgelaufen – und Türkis-Grün ist weit entfernt von einem Gesetzesentwurf.

"Mit dem neuen Gesetz werden wir noch wirksamer gegen Korruption vorgehen können", heißt es aus Zadićs Büro. "Ein dementsprechender Gesetzesentwurf wurde dem Koalitionspartner bereits übermittelt." Man arbeite "mit Nachdruck" an dessen Umsetzung.

Erst zwei Gesprächstermine

Schon im November haben die Grünen einen Textvorschlag an die Volkspartei geschickt. Aus Verhandlungskreisen ist zu hören, dass in bisher zwei Gesprächsrunden inhaltlich aber de facto nichts weitergegangen sei.

Im türkisen Klub verweist man auf STANDARD-Anfrage auf einen dritten Termin, der für kommende Woche angesetzt sei. Der Grund dafür, dass in der Sache wenig weitergehe, sei im Justizministerium zu suchen. Das habe eine Evaluierung seines Gesetzesvorschlags versprochen, die noch nicht vorliegt. Darüber ist man in Zadićs Büro verwundert: Man habe die Evaluierung dem Koalitionspartner längst übermittelt.

Gesetzestext bleibt unbeschlossen

Es ist nicht die erste Frist in der Sache, die die Koalition verstreichen lässt. Schon im Juni 2020 forderte Zadić gemeinsam mit der grünen Klubchefin Sigrid Maurer und Parteichef Werner Kogler die Umsetzung der neuen Korruptionsbestimmungen bis zum 1. Jänner 2021. Damals drängte der kleinere Koalitionspartner auch darauf, das Informationsfreiheitsgesetz und die neuen Regeln für die Parteifinanzen noch im Jahr 2020 zu beschließen. Geschehen ist freilich nichts davon.

Bei der Abschaffung des Amtsgeheimnisses hat sich die Koalition zwar schon vor einem Jahr auf einen Gesetzestext geeinigt, der ein Recht auf Information für alle Bürgerinnen und Bürger einführen soll.

Amtsgeheimnis bleibt

Doch der Entwurf wird innerhalb der Volkspartei von den schwarzen Landeshauptleuten blockiert, die kein überbordendes Interesse an Transparenz demonstrieren. Selbst wenn sich die ÖVP intern einig würde, bräuchte die Koalition noch die Stimmen von SPÖ oder FPÖ, um die Gesetzesmaterie zu beschließen. Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) verweist auf laufende Gespräche mit verschiedenen Stakeholdern in der Sache, kann aber keine inhaltlichen Fortschritte vorweisen.

Auch bei der Reform der Parteienfinanzen ist sich die Koalition auf dem Papier einig. Vor einem Monat präsentierten Volkspartei und Grüne nach zähen Verhandlungen einen Entwurf. Er sieht vor, dass der Rechnungshof bei begründetem Verdacht Einschau in die Parteikassen nehmen darf. Spenden müssen transparenter gemeldet werden, Berichte über die Wahlkampfkosten müssen sechs Monate nach dem Urnengang veröffentlicht werden. Auch dieses Gesetz verlangt aber nach einer Zweidrittelmehrheit. Weitere Kompromisse könnten also nötig sein. (Sebastian Fellner, 1.4.2022)