Bei der Oscar-Verleihung in L.A. verabreicht Will Smith dem Scherzbold Chris Rock eine Ohrfeige und erbringt den Nachweis, dass der Schwachsinn seiner Reaktion mühelos mit der Idiotie ihres Anlasses Schritt halten kann.

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Und das alles ohne Triggerwarnung. In Deutschland verpasst ein – zum Glück und aus gutem Grund – völlig unbekannter "Fat Comedian" Oliver Pocher bei einer öffentlichen Veranstaltung eine Watsche. Ohne jede Vorwarnung und mit einer Wucht, die Pocher vielleicht mit Dauerschäden am Gehör zurücklassen wird. Offenbar hat der Schläger nicht mitbekommen, dass "Comedian" und "Vollkoffer" nicht zwangsläufig dasselbe meinen müssen.

Bei der Oscar-Verleihung in L.A. verabreicht Will Smith dem Scherzbold Chris Rock eine Ohrfeige und erbringt den Nachweis, dass der Schwachsinn seiner Reaktion mühelos mit der Idiotie ihres Anlasses Schritt halten kann. Ganz großes Kino. Und mit der erwartbaren globalen Online-Debatte, die auf dem Fuß folgt.

Watschen kriegen aber nicht nur die Herren Pocher und Rock, die kriegen auch wir anderen, metaphorisch gesprochen, Tag für Tag. Wie anders denn als Makrowatschen sollte man die seichten Darbietungen jener Leute bezeichnen, die vorgeben, sie seien in der Politik tätig, sich aber aufführen, als betrieben sie ein Showbusiness für die geistig Anspruchslosesten?

Backpfeife für die Vernunft

Fiese Werbeschmähs, um Umweltschweinereien als ökologische Offenbarungen zu verkaufen: jedes Mal wieder eine Backpfeife für die Vernunft. Grünes Gas! Öko-AKWs! Maskenverweigerer in den Öffis, SUV-Fahrer, die ihr Gefährt wie Gefechtspanzer lenken: das Äquivalent von Maulschellen. Betonschädel, die das Land bis zum Gehtnichtmehr zubetonieren: Sie liefern den alltäglichen Watschentanz, dem man bei jeder Überlandfahrt in Österreich ausgesetzt ist.

Und erst die "sozialen Medien"! 24 Stunden am Tag ausgespäht und dafür mit Fake News, Shitstorms, Katzenfotos und der Zersetzung der Demokratie belohnt werden. Die Menschheit hat wieder eine Technik erfunden, für die sie nicht reif ist. Dagegen wirkt selbst eine Tracht Faustwatschen wie eine Streicheleinheit.

Wir leben in Zeiten, in denen Optimisten sich vorkommen müssen wie jener kleine Bub, der mit einem Brathendl zum Tierarzt kommt und fragt: "Herr Doktor, kann man da nichts mehr machen?" Es wird wohl nichts anderes helfen, als in den täglichen Tachtelstürmen guten Mut und klaren Verstand zu bewahren und sich zur Wehr zu setzen, wo immer es geht. Die Hoffnung soll ja bekanntlich zuletzt sterben. (Christoph Winder, 2.4.2022)