Werden Nacktschnecken zur Qual, schützt auch der VfGH.

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Nacktschnecken seien nicht nur "pflanzenzerstörende Schädlinge", sondern für viele Menschen "hochgradig abstoßend und ekelerregend", argumentierte die burgenländische Gemeinde Bernstein kürzlich vor dem Verfassungsgerichtshof. Der Gemeinderat hatte Grundstückseigentümer dazu verpflichtet, ihre Gärten zu pflegen, um die grassierende Schneckenplage hintanzuhalten. Aber durfte er das überhaupt?

"Explosionsartige" Vermehrung

Bernstein hatte eine Verordnung erlassen, die Bewohnerinnen und Bewohnern vorschrieb, in "angemessenen zeitlichen Abständen", mindestens aber einmal im Jahr Rasenflächen und Wiesen zu mähen, Hecken und Bäume auszulichten und morsche Äste zu entfernen.

Im Blick hatte die Gemeinde dabei vor allem einen Garten, dessen Wildwuchs von Sträuchern und Bäumen nicht nur den unmittelbaren Nachbarn ein Dorn im Auge war: Der Gemeinderat hegte den Verdacht, dass das ungepflegte Grundstücke die grassierende "Nacktschneckenplage" fördere. Durch den Wildwuchs würden sich "beschattete Feuchträume" bilden, in denen sich die Schneckenpopulationen ungehindert aufhalten und "explosionsartig" vermehren können.

Verpflichtende Gartenpflege

Der Gemeinderat wusste also, was zu tun ist, hatte aber ein Problem: Ihm fehlten die rechtlichen Mittel, um auch tatsächlich durchgreifen zu können. In einer Sitzung einigten sich die Gemeinderäte daher auf eine neue Verordnung, die die Gartenpflege verpflichtend vorschreibt. Auf Basis der neuen Rechtslage wandte sich die Bürgermeisterin schließlich an die betroffenen Personen und forderte sie dazu auf, die Sträucher zu stutzen.

Die Grundeigentümer weigerten sich allerdings und richteten eine Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht. Dort verbuchten sie einen Zwischenerfolg: Der Richter zweifelte daran, dass die Verordnung der Gemeinde rechtskonform ist, und wandte sich an den Verfassungsgerichtshof.

Verordnung gegen "Missstände"

Gemeinden können eigene "ortspolizeiliche" Verordnungen erlassen, wenn sie bestehenden Verordnungen und Gesetzen nicht widersprechen und notwendig sind, um "Missstände", die das Gemeinschaftsleben stören, abzustellen.

Aus Sicht des Verwaltungsgerichts waren diese Voraussetzungen im aktuellen Fall aber nicht gegeben: Die Vorschriften zur Grundstückspflege in der Bauordnung hätten gereicht. Außerdem sei die Schneckenplage kein "Missstand", der die Gemeinde besonders treffe. Denn die "invasive Verbreitung von gebietsfremden Nacktschneckenarten" sei im ganzen Bundesgebiet ein Problem.

"Nachvollziehbare" Argumente

Die Gemeinde sah das naturgemäß anders: Die eigene Verordnung habe einen größeren Anwendungsbereich als die Bauordnung. Sie gelte etwa auch für reine Gärten ohne Haus. Mit der Bauordnung könne zudem nur gegen die optische Beeinträchtigung des Ortsbildes vorgegangen werden, nicht aber gegen die "Schädlingsförderung".

Vor dem Verfassungsgerichtshof hatte Bernstein mit diesen Argumenten nun Erfolg (VfGH 7.3.2022, V85/2021): Es sei nachvollziehbar, dass die Schädlingsgefahr ein "störender Missstand" sei. Die Regelungen in der Bauordnung reichen nicht aus, um das Problem in den Griff zu bekommen. Auch das Argument, dass das Schneckenproblem das gesamte Bundesgebiet betreffe, führe ins Leere. Nur weil andere Gemeinden ebenfalls davon betroffen sind, bedeute das nicht, dass man nichts dagegen tun dürfe. (Jakob Pflügl, 3.4.2022)