Der Verfassungsgerichtshof in der Wiener Innenstadt.

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Wien – Laut Symbolegesetz ist die Verwendung der Fahne der kurdischen Arbeiterpartei (PKK) in Österreich verboten. Dennoch entschied der Verfassungsgerichtshof (VfGH) nun, dass die polizeiliche Untersagung einer Kundgebung, bei der die rote PKK-Fahne mit einem roten Stern in einem gelben Kreis gezeigt werden sollte, verfassungswidrig gewesen sei.

Eine generelle Erlaubnis für PKK-Symbole ist das aber nicht. Vielmehr ist der VfGH der Ansicht, dass das Wiener Verwaltungsgericht nicht geprüft habe, ob das Verbot im konkreten Fall mit der in der Europäischen Menschenrechtskonvention garantierten Freiheit der Meinungsäußerung (Artikel 10 EMRK) konform geht.

Geplante Kundgebung im Vorjahr

In dem Fall ging es um eine Kundgebung für Frieden und Demokratie in Kurdistan im vergangenen Jahr. Der Veranstalter wollte die Demonstration mit der Fahne der PKK gestalten. Diese gilt aber in der gesamten EU als verbotene terroristische Vereinigung – und die Verwendung ihrer Fahne ist auch im heimischen Symbolegesetz verboten. Der Mann wollte auf die Fahne jedoch nicht verzichten, woraufhin die Polizei die Kundgebung untersagte.

Das Verbot im Symbolegesetz reiche aber für sich allein nicht aus, die Untersagung einer Versammlung zu rechtfertigen, meint das Höchstgericht. Das Verwaltungsgericht Wien, das das von der Landespolizeidirektion Wien erteilte Verbot als rechtmäßig empfunden hatte, hätte nach Ansicht des VfGH nicht nur prüfen müssen, ob mit der Verwendung der Fahne der PKK tatsächlich verpönte Ziele dieser Bewegung verfolgt werden. Es hätte insbesondere auch berücksichtigen müssen, dass das (verbotene) Symbol als Stilmittel des Protests gegen das Symbolegesetz verwendet werden sollte. Da diese Prüfung unterblieben sei, habe das Gericht durch seine Entscheidung das Recht auf Versammlungsfreiheit verletzt.

Beschwerde zu Wolfsgruß abgelehnt

Ein weiteres Erkenntnis, das der VfGH am Freitag veröffentlichte, betrifft den sogenannten Wolfsgruß, das Handzeichen der rechtsradikalen türkischen Gruppierung Graue Wölfe. Ein Mann, der dieses verbotene Zeichen in sozialen Netzwerken gezeigt hatte, war verurteilt worden und hatte dagegen Einspruch erhoben.

Diese Beschwerde hat der VfGH abgelehnt. Zur Frage, ob die angefochtene Bestrafung im Einzelnen dem Gesetz entspricht, seien spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen gar nicht anzustellen, urteilt das Höchstgericht. Auf den Versuch in der Beschwerde, den Wolfsgruß als quasi historisches Symbol zu rechtfertigen, ging der VfGH nicht ein. Das Symbolegesetz an sich sei verfassungsrechtlich einwandfrei.

Bis zu 10.000 Euro Strafe

In der aktuellen Fassung des Symbolegesetzes sind insgesamt zwölf Gruppierungen erfasst – neben der PKK und den Grauen Wölfen unter anderem der "Islamische Staat" (IS), die Muslimbruderschaft, Al-Kaida, die Hamas, die Hisbollah, die Ustascha und die Identitäre Bewegung Österreichs. Als Symbole sind auch Abzeichen, Embleme und Gesten anzusehen. Die Sanktionen reichen bis zu 4.000 Euro Geldstrafe oder einem Monat Gefängnis, im Wiederholungsfall können Strafen von bis zu 10.000 Euro oder sechs Wochen Haft verhängt werden.

NS-Symbole sind natürlich ebenfalls verboten, fallen aber in das Abzeichengesetz und in das mit wesentlich höheren Strafen belegte Verbotsgesetz. (Michael Simoner, 1.4.2022)