45 Menschen wurden nach den Ausschreitungen verhaftet.

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Colombo – Ein Protest im Zusammenhang mit der schlimmen wirtschaftlichen Situation auf Sri Lanka ist eskaliert. Hunderte Demonstranten versuchten das Haus des Präsidenten zu stürmen. Protestierende hätten am späten Donnerstagabend in Mirihana südlich von Colombo Polizisten vor dem Haus des Präsidenten Gotabaya Rajapaksa mit Steinen geworfen und unter anderem zwei Busse in Brand gesteckt, sagte Gesundheitsminister Keheliya Rambukwella am Freitag.

Die Polizei habe Tränengas, Gummigeschoße und Wasserwerfer eingesetzt, um rund 3.000 Menschen auseinanderzutreiben. Mindestens 54 Menschen seien festgenommen, mehr als 50 Menschen verletzt worden – etwa zur Hälfte Polizisten und Demonstrierende. Das Büro des Präsidenten teilte mit, dass eine Gruppe "organisierter Extremisten" unter den Protestierenden mit dem Krawall begonnen hätte, was zu Gewalt geführt habe.

Am späten Freitagabend rief Präsident Rajapaksa den Ausnahmezustand aus. Für Sonntag sind weitere Proteste angekündet.

Das südasiatische Land erlebt derzeit den schmerzhaftesten wirtschaftlichen Abschwung seit seiner Unabhängigkeit im Jahr 1948. In den vergangenen Wochen gab es immer wieder vorwiegend kleinere Proteste im ganzen Land. Denn in dem Inselstaat südlich von Indien herrscht ein großer Mangel an Treibstoff für die Stromerzeugung. So gibt es derzeit täglich stundenlange Stromausfälle. Auch die Preise für Lebensmittel sind stark gestiegen.

Probleme an allen Ecken und Enden

Das Land ist stark verschuldet und braucht dringend US-Dollar, um Treibstoff, Gas, Lebensmittel und Medikamente aus dem Ausland zu importieren. So benötigt das Land derzeit immer weitere Kredite von China und Indien und bittet auch den Internationalen Währungsfonds (IWF) um Hilfe. Für Sonntag sind weitere Proteste angekündet.

Bei den Unruhen am Donnerstagabend marschierten hunderte Menschen zu Präsident Rajapaksas Haus und forderten seinen Rücktritt. Sie setzten zwei Militärbusse und einen Polizeiwagen in Brand, griffen Beamte mit Ziegelsteinen an und blockierten eine Hauptstraße nach Colombo mit brennenden Reifen.

Die Schäden sind zum Teil enorm.
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Sicherheitskräfte feuerten in die Menge und setzten Tränengas und Wasserwerfer ein, um die Demonstranten auseinanderzutreiben. Unklar war, ob sie scharfe Munition oder Gummigeschoße einsetzten. Ein Mensch wurde lebensgefährlich verletzt. Nach Angaben der Polizei wurden auch fünf Beamte bei den Auseinandersetzungen verletzt.

Präsident fürchtet "arabischen Frühling"

Rajapaksa warf den Demonstranten vor, einen "arabischen Frühling" wie im Nahen Osten herbeiführen zu wollen. "Die Proteste am Donnerstagabend wurden von extremistischen Kräften angeführt, die einen arabischen Frühling forderten, um Instabilität in unserem Land zu schaffen", erklärte das Büro des Präsidenten. Offiziellen Quellen zufolge war Rajapaksa während des Protests nicht zu Hause.

In Online-Netzwerken verbreitete Videos zeigten Männer und Frauen, die "Verrückte, Verrückte, geht nach Hause" riefen und den Rücktritt aller Mitglieder der mächtigen Rajapaksa-Familie forderten. Ein älterer Bruder des Präsidenten, Mahinda, ist Ministerpräsident, während der jüngere Basil Finanzminister ist. Sein ältester Bruder und sein Neffe bekleiden ebenfalls Kabinettsposten.

Sri Lankas wirtschaftliche Lage ist durch die Corona-Pandemie noch verschärft worden. Tourismus und Auslandsüberweisungen blieben aus. Wirtschaftsexperten sind der Ansicht, dass die Situation durch die Misswirtschaft der Regierung und die jahrelange Anhäufung von Krediten noch verschlimmert wurde. (APA, 1.4.2022)