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Im Lockdown haben sich viele weniger als sonst bewegt.

Foto: Getty Images/izusek

Weniger Flugzeuge am Himmel, Autos auf den Straßen und Schiffe im Meer: Der Hashtag #natureishealing trendete im ersten Lockdown. Auf Social Media teilten Nutzer und Nutzerinnen darunter Fotos, wie die Natur aufatmete.

Und das tat sie tatsächlich, wie eine internationale Studie zeigt. Die Luftqualität verbesserte sich, Lärmbelastungen wurden weniger. Das wirkte sich auch positiv auf die Gesundheit der Bevölkerung aus. Doch die negativen Folgen des Rückgangs der körperlichen Aktivität waren größer.

Schutz vor dem Virus

Dabei ist eine Sache klarzustellen: Lockdowns sollten vor Corona-Ansteckungen schützen, die Infektionszahlen reduzieren und Krankenhäuser vor Überlastung bewahren – das war das primäre gesundheitliche Ziel. Welche gesundheitlichen Auswirkungen die Lockdowns darüber hinaus auf die Bevölkerung hatten, haben nun internationale Forscherinnen und Forscher untersucht. Die im Fachjournal "Environmental Pollution" veröffentlichte Arbeit vergleicht die Folgen der Lockdowns im Jahr 2020 in Wien, Barcelona und Stockholm.

Das Team um Sarah Koch vom Barcelona Institute for Global Health hat für die Studie drei Städte mit unterschiedlich strengen Lockdowns ausgewählt: Barcelona, wo es strenge Ausgangssperren gab, Stockholm, wo mit sehr lockeren Maßnahmen auf die individuelle Verantwortung gesetzt wurde, und Wien, das laut den Fachleuten bei den Lockdown-Maßnahmen einen Mittelweg gegangen ist.

Verändertes Gesundheitsverhalten im Lockdown

Anhand von Daten über Luftverschmutzung, Lärm und körperliche Aktivität berechneten sie die Unterschiede zwischen den Umwelteinflüssen und dem Gesundheitsverhalten vor und während der Pandemie sowie deren Auswirkungen auf die Gesundheit. Um das Ausmaß der untersuchten langfristigen Veränderungen deutlich zu machen, simulierten sie zudem die hypothetischen Auswirkungen der Eindämmungsmaßnahmen, wenn diese ein ganzes Jahr gedauert hätten.

Die Strenge der Maßnahmen steht dabei in direktem Zusammenhang mit den Auswirkungen: So sanken in Barcelona während des ersten Lockdowns die Stickstoffdioxidkonzentrationen (NO2) im Durchschnitt um 50 Prozent, der tägliche Lärmpegel ging um fünf Dezibel (dB(A)) zurück und die körperliche Aktivität um 95 Prozent. Im gleichen Zeitraum reduzierte sich in Wien die NO2-Belastung um 22 Prozent, die Lärmbelastung um ein dB(A), und die körperliche Aktivität nahm um 76 Prozent ab. Stockholm verzeichnete bei der NO2-Belastung einen Rückgang um neun Prozent, bei der täglichen Lärmbelastung ein Minus von zwei dB(A), und die körperliche Aktivität reduzierte sich um 42 Prozent.

Weniger körperliche Aktivität im Lockdown

Die Verringerung der körperlichen Aktivität hätte in Barcelona zu einem Anstieg der Schlaganfälle und Herzinfarkte um zehn Prozent und der Diagnosen von Depressionen und Angstzuständen um acht bzw. zwölf Prozent geführt, wenn die strengen Ausgangssperren ein Jahr lang gedauert hätten.

In Wien hätte eine geringere körperliche Aktivität für ein Jahr zu einem Anstieg von Schlaganfällen und Herzinfarkten um fünf Prozent sowie der von Depressions- und Angstzustandsdiagnosen um vier bzw. sieben Prozent geführt.

Selbst in Stockholm wäre bei einem Andauern der Maßnahmen die Häufigkeit von Schlaganfällen und Herzinfarkten um drei Prozent, die Zahl der Depressionsdiagnosen um zwei Prozent und jene der Angstzustände um drei Prozent gestiegen.

Weniger Luftverschmutzung und Lärmbelästigung

Auf der anderen Seite stünden positive Auswirkungen aufgrund des Rückgangs der Luftverschmutzung und der Lärmbelastung, wären die Maßnahmen ein ganzes Jahr lang aufrechterhalten worden. So hätte die Verringerung der NO2-Konzentrationen in Barcelona fünf Prozent der Herzinfarkte, sechs Prozent der Schlaganfälle und elf Prozent der Depressionsdiagnosen verhindert. In Wien hätte die Reduktion bei Schlaganfällen und Herzinfarkten ein Prozent und bei Depressionen zwei Prozent betragen, und in Stockholm wäre ein Prozent der Depressionsdiagnosen verhindert worden.

Die hypothetische langfristig geringere Lärmbelastung hätte in Barcelona vier Prozent der jährlichen Herzinfarkte, sieben Prozent der Schlaganfälle und vier Prozent der Depressionsdiagnosen verhindern können. In Wien hätte die Inzidenz von Herzinfarkten, Schlaganfällen und Depressionen um jeweils ein Prozent gesenkt werden können. In Stockholm wäre die Zahl der Herzinfarkte und Depressionen um jeweils zwei Prozent und die Zahl der Schlaganfälle um vier Prozent gesunken, zeigt die Studie, an der auch Fachleute der Universität für Bodenkultur mitgearbeitet haben.

"Trotz der Unterschiede in den drei Städten gibt es ein gemeinsames Muster: Die gesundheitlichen Vorteile der verbesserten Luftqualität und des Lärms können die zutiefst negativen Auswirkungen der geringeren körperlichen Aktivität nicht ausgleichen", erklärte Studienleiterin Koch in einer Aussendung. Die Studienergebnisse würden zudem wichtige Hinweise für die Stadtplanung geben und zeigen, welche Auswirkungen es hat, wenn man Luftverschmutzung und Lärm erheblich reduziere und gleichzeitig die körperliche Aktivität fördere. (APA, poem, 1.4.2022)