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Luftschadstoffe überschreiten für fast alle Menschen, die in Städten in der EU leben, mindestens einen Schwellenwert.
Foto: J. David Ake / AP

Dass die ersten Lockdowns im Jahr 2020 auch den einen oder anderen positiven Effekt mit sich brachten, wurde bereits in einigen Studien nachgewiesen. Erst diese Woche wurde eine Forschungsarbeit veröffentlicht, die in Wien und zwei weiteren europäischen Städten eine verbesserte Luftqualität nachwies, dafür aber einen enormen Rückgang in der körperlichen Aktivität – weshalb die gesundheitliche Bilanz für viele eher negativ ausfiel, wenn man nur diese Nebeneffekte der Coronalockdowns berücksichtigt.

Auch die Umweltagentur der Europäischen Union EEA teilte nun in ihrem Luftqualitäts-Update Statistiken zur Schadstoffbelastung der vergangenen zwei Jahre. In den Städten lebten 2020 demnach 96 Prozent der Bevölkerung mit Feinstaubwerten, die die Richtwerte der Weltgesundheitsorganisation WHO übersteigen. Zur gesundheitsschädlichen Luftverschmutzung tragen auch die Werte für Stickstoffdioxid (NO2) bei, die für 89 Prozent der Stadtbewohnerinnen und Stadtbewohner oberhalb der WHO-Richtwerte liegen.

Österreich im Mittelfeld

Bei Ozon (O3) lagen 21 der Staaten, darunter 15 EU-Mitglieder inklusive Österreich, über dem großzügigeren EU-Zielwert von 120 µg/m3 – den WHO-Peak von 60 µg/m3 hat niemand unterschritten. Bei Feinstaub in Form von PM2,5 (Partikel kleiner als 2,5 Mikrometer) waren es sechs Meldeländer – darunter die drei EU-Mitgliedstaaten Italien, Kroatien und Polen –, die Konzentrationen oberhalb des EU-Jahresgrenzwerts von 25 µg/m3 meldeten.

Bei PM10-Feinstaub lief es noch schlechter, hier waren es 20 Staaten mit 15 EU-Mitgliedern die mehr als 50 µg/m3 vermeldeten – Österreich schnitt hier relativ gut ab und befand sich mit maximal 41 µg/m3 im vorderen Drittel. Nachbarland Deutschland wies beim Stickstoffdioxid (NO2) dagegen die höchste durchschnittliche Konzentration aller EU-Staaten auf, während Österreich hier wiederum im guten Mittelfeld lag.

EU-Vorgaben reichen nicht für Prävention

Die Corona-Pandemie hat sich demnach positiv auf die Luftqualität ausgewirkt: Lockdown-Maßnahmen im Kampf gegen das Coronavirus hätten 2020 nebenbei auch zu einer vorübergehend verringerten Aktivität im Straßen-, Luft- und internationalen Schiffsverkehr geführt. Dies wiederum sorgte für einen Rückgang des Ausstoßes von Luftschadstoffen, schrieb die in Kopenhagen ansässige EEA. In Großstädten in Frankreich, Italien und Spanien seien die Stickstoffdioxidwerte um bis zu einem Viertel gesunken. Trotz eines spürbaren Rückgangs der Luftverschmutzung aus dem Straßenverkehr seien Überschreitungen der europäischen Luftqualitätsnormen in der gesamten EU aber weiterhin üblich.

Die WHO hatte ihre empfohlenen Grenzwerte für Schadstoffe in der Luft im September vergangenen Jahres deutlich strenger gefasst. Was die Organisation für gesundheitlich vertretbar hält, liegt nun noch deutlicher unter den EU-Richtwerten. Die EEA sieht eine große Diskrepanz zwischen den derzeitigen EU-Vorgaben und den wissenschaftlichen Erkenntnissen darüber, wann gesundheitliche Auswirkungen auftreten. Weniger Abgase und mehr Grünflächen könnten Berechnungen zufolge europaweit mehrere zehntausend Menschen vor einem verfrühten Tod bewahren. (APA, red, 2.4.2022)