Sóller wird nicht umsonst das Tal der Orangen genannt. Im Frühling leuchtet es orange und gelb aus den Plantagen rund um die pittoreske Stadt inmitten der Serra de Tramuntana, des höchsten Gebirgszugs im Norden von Mallorca. Anfang April findet hier auch das Orangenfest "Fira de la Taronja" statt, mit viel Kulinarik rund um die Zitrusfrucht, Livemusik und Märkten. Die Stadt ist darüber hinaus ein idealer Ausgangspunkt für zahlreiche Wanderungen auf der spanischen Insel.

Ein blühender Garten am Rande des Städtchens Sóller mit reifen Orangen an den Bäumen.
Foto: Stefanie Ruep

Etwa direkt durch die Orangenplantagen, Zitronenbäume und blühenden Gärten hoch ins Hinterland. Entlang des beliebten Fernwanderwegs GR221 geht es zur Capella de Castello, vorbei an zwei Fincas und durch uralte Olivenhaine auf schön angelegten Pfaden bis zur Küste. Vom Leuchtturm Cap Gros aus bieten sich beim Abstieg nach Port de Sóller wunderbare Ausblicke auf die fast kreisrunde Bucht der Hafenstadt. Begleitet wird man bei den Wanderungen immer wieder von Schafen, Ziegen oder sogar Eseln, die an vielen höher gelegenen Orten grasen.

Vom Leuchtturm aus bietet sich ein schöner Blick auf die Bucht von Port de Sóller.
Foto: Stefanie Ruep

Ein Klassiker unter den Wandertouren auf der Baleareninsel ist der Massanella, mit 1.365 Metern der höchste begehbare Berg der Insel. Denn der 1.436 Meter hohe Gipfel des Puig Major mit seiner unübersehbare Glasfiberkuppel ist militärisches Sperrgebiet, das nur mit zwei speziellen Genehmigungen zur betreten ist. Doch auch der Massanella bietet eine anspruchsvolle Bergtour oberhalb der Baumgrenze durch eine schroffe Karstlandschaft mit einem Weitblick über die ganze Insel.

Auf der Normalroute für die Tour verlangt der Besitzer der Finca Comafreda eine Art Wegezoll von sechs Euro, weil der am meisten genutzte Weg sich im Privatbesitz befindet. Danach geht es in Serpentinen einen Eichenwald hinauf, bis die Landschaft felsiger wird und die Baumgrenze erreicht ist. Von der sogenannten Schneeebene sieht man erstmals auf die markante Doppelspitze, wo der steile Schlussanstieg auf den Gipfel beginnt.

Vom Gipfel des Massanella blickt man auf den Puig Major mit seiner Glasfiberkuppel und auf den Cúber-Stausee.
Foto: Stefanie Ruep

Eine wildromatische Küstenrunde mit einem Panoramablick auf Sa Dragonera lockt Wanderinnen nach Sankt Elm. Von der beschaulichen Küstenstadt gehen auch die stündlich abfahrenden Boote auf die unter Naturschutz stehende Dracheninsel ab. Doch diese fahren nur bei passendem Wetter. Sollte es zu unbeständig sein, ist der Aufstieg zum ehemaligen Trappistenkloster eine lohnende Alternative. Bei einem Abstecher zu einem 400 Jahre alten Wachturm eröffnet sich nicht nur der Ausblick auf die unbewohnte Insel, sondern auch auf die malerische Bucht Cala en Basset.

Die Dracheninsel im Nordwesten der Insel steht unter Naturschutz und kann nur mit dem Boot erreicht werden.
Foto: Stefanie Ruep

Abenteuerlich wird es bei einer Schluchtentour etwa durch die Torrent de Mortitx hinunter zur sogenannten Cova de ses Bruixes. Hier geht es zunächst von einem Weingebiet durch einen sehr einsamen und unberührten Landstrich durch hohes Gras hinunter bis zu den Steilküsten. Die Route besticht durch die bizarren Felsformationen am Weg, die Hexenhöhle am Meer und das abwechslungsreiche Hochkraxeln durch die Klamm. Die berühmte Durchquerung des Torrent de Pareis hinunter zur Bucht Sa Calobra ist hingegen im Frühling eher selten möglich, da sie meist zu viel Wasser führt.

Einsame Steilküsten finden sich im Norden der Insel, die nur zu Fuß zu erreichen sind.
Foto: Stefanie Ruep

Sehr beliebte und schöne Wanderungen starten in Valldemossa, wo der österreichische Erzherzog Ludwig Salvator ein gut ausgebautes Wegenetz zum Reiten angelegt hat. Von den Hochebenen reicht der Blick an schönen Tagen bis zur Küste, und mit dem Puig Gros (938 m) und den Caragoli (945 m) gibt es hier auch kleine Gipfel zu besteigen.

Das beschauliche Bergdorf mit seinem Kartäuserkloster zog 1838 auch den Komponisten Frédéric Chopin und die französische Autorin George Sand an, die einen Winter im ehemaligen Kloster verbrachten. Sand schrieb später das Buch "Ein Winter auf Mallorca" über ihren Aufenthalt, von dem die Ortschaft heute noch touristisch zehrt.

Foto: Stefanie Ruep

Wer im Frühling im Norden der Insel unterwegs ist, der bleibt von Sauftouristen, die am Ballermann jedes Jahr für Schlagzeilen sorgen, verschont. In der Tramuntana sind die meisten Gäste aus sportlichen oder kulinarischen Gründen unterwegs. Hier treffen Rennradfahrer, die die kurvigen, gut ausgebauten Straßen als Trainingsstrecke nutzen, auf Weitwanderer, die nur für eine Nacht in einer der auf dem Fernwanderweg GR221 liegenden Ortschaften bleiben. Ein fixer Stützpunkt samt Leihwagen eignet sich gut, um Tageswanderungen auf Mallorca zu unternehmen. (Stefanie Ruep, 7.4.2022)