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Willi Ruttensteiner arbeitete vier Jahre für Israels Verband. Als Sportdirektor und Teamchef.

Foto: REUTERS/Russell Cheyne

Selbstverständlich wird Willi Ruttensteiner nicht österreichischer Fußballteamchef. Sein Name fehlt auf der Kandidatenliste von Sportdirektor Peter Schöttel. "Aufgrund meiner Vorgeschichte bin ich kein Thema, kann kein Thema sein." Zur Erinnerung. Der 59-jährige Ruttensteiner arbeitete von 1999 bis 2017 für den ÖFB, ab 2001 war er Sport-Verantwortlicher.

Im Gespräch mit dem STANDARD lehnt es der Oberösterreicher ab, dem Fußballbund gute Tipps zu geben: "Das ist nicht mein Geschäft, steht mir nicht zu." Bekanntlich hat Präsident Gerhard Milletich Schöttel beauftragt, einen Nachfolger für Franco Foda zu finden. Ruttensteiner: "Das kann man tun, hoffentlich steckt eine Strategie dahinter." Dass dann ehrenamtliche Landespräsidenten, die für den Breitensport unverzichtbar sind, letztendlich über die wichtigste Personalie entscheiden, "liegt an der Struktur. Es ist so. Ich werde jetzt nicht irgendwelche Landespräsidenten beleidigen."

Die von Schöttel nach dem Scheitern in Wales (1:2) angezettelte Debatte um zwei Gruppen – jene aus der "Red-Bull-Schule" (Pressing) und die "Wiener Abteilung" (ballverliebt) – hält Ruttensteiner für verzichtbar. "In Spanien muss man auch die Philosophien unter einen Hut bringen. Real Madrid spielt ganz anderes als Barcelona oder Atlético. Auch Salzburg adaptiert ständig. Ein Teamchef muss das Beste aus den Möglichkeiten machen, sein Konzept, seine Ideen vermitteln, aus Typen eine Einheit formen."

Nonplusultra

Ein Verband könne keine Spieler ausbilden. "Er kann dafür sorgen, das die Ausbildung der Trainer immer besser wird. Du musst dich am Nonplusultra orientieren, an der Champions League."

Das Anforderungsprofil eines Teamchefs sei abgesehen von der finanziellen Leistbarkeit klar. "Fachkompetenz, soziale Kompetenz, Aufgeschlossenheit. Er muss am letzten Stand der Entwicklungen sein. Es ist auch wichtig, dass er die Sprache beherrscht." Hoch gehandelt wird bekanntlich Peter Stöger. "Ich möchte mich an dieser Gasthausdiskussion nicht beteiligen. Aber ja, ich schätze Stöger."

Der ÖFB müsse wie ein Unternehmen aus der Wirtschaft agieren "Was will ich? Passt er zu mir?. Ich gehe ja nicht ins Einkaufszentrum, ohne zu wissen, was ich brauche."

Erfolgsgeschichte

Ruttensteiner hat 2011 Marcel Koller installiert. Der Schweizer wurde zur österreichischen Erfolgsgeschichte, vom Ende abgesehen. "Mit ihm hatte niemand gerechnet. Er hat mich voll überzeugt. Man muss bei der Suche vernetzt sein, Expertenmeinungen einholen."

Ruttensteiner stimmt übrigens nicht in den Chor jener ein, die singen, dass Foda konzeptlos gewesen sei. "Er war nicht einfach, gegen Österreich zu spielen." Er weiß das aus eigener Erfahrung, er war ja vier Jahre lang in Israel tätig. "Besser als beim 1:2 im EM-Achtelfinale gegen Italien geht es nicht." Andererseits habe die ÖFB-Auswahl als Vierter der Quali die WM in Katar klar verpasst. "Da kann man Konsequenzen ziehen, das ist legitim."

Der Neue hat im Juni Stress, binnen zehn Tagen stehen vier Partien in der Nations League an. Je einmal Kroatien und Frankreich, zweimal Dänemark. "Man sollte vorsichtig sein. Geht es gut, ist er nicht der Zauberer. Geht es schief, ist er nicht der Loser. Die Erwartungshaltung ist überall zu hoch. Das war so in Israel, ist so in Österreich. Kommt Flick mit Deutschland nicht ins Halbfinale, sind alle enttäuscht."

Es sei, so Ruttensteiner, "eine Ehre, österreichischer Teamchef zu werden. Im Fall des Erfolgs ist es sehr angenehm, im Fall des Misserfolgs äußerst unangenehm."Ruttensteiner selbst sucht übrigens ein Job. Einen anderen. (Christian Hackl, 4.4.2022)